Naher Osten : Hamas will EU-Geld ohne Bedingungen
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Ismail Hanija will einen Dialog im „Geist der Neutralität” Bild: REUTERS
Der Hamas-Spitzenpolitiker Ismail Hanija hat das Nahost-Quartett zum Dialog „ohne Vorbedingungen“ mit seiner Organisation aufgerufen. Man wolle die EU-Finanzhilfen ausschließlich für Gehälter, Wohlfahrt und Infrastruktur ausgegeben. Israel hat seine Zahlungen bereits eingestellt.
Die radikal-islamische Hamas-Organisation wirbt nach ihrem Wahlsieg in den palästinensischen Autonomiegebieten bei der internationalen Gemeinschaft für eine Fortsetzung der Finanzhilfe an die Palästinenser. Der Hamas-Führer Ismail Hanija sagte am Montag in Gaza-Stadt, das Geld werde ausschließlich für Gehälter, das Wohlfahrtssystem und Infrastruktur ausgegeben.
Hanija rief das sogenannte Nahost-Quartett, das aus den Vereinigten Staaten, der EU, Rußland und den Vereinten Nationen besteht, zu „direkten und offenen Gesprächen“ mit seiner Bewegung auf. Der Dialog müsse „ohne Vorbedingungen“ und in einem „Geist der Neutralität“ geführt werden.
Israel stellt Zahlungen ein
Unterdessen hat Israel die den Palästinensern zustehenden Zahlungen aus Steuer- und Zolleinnahmen vorerst eingestellt. Ein Regierungssprecher bestätigte am Montag, daß 200 Millionen Schekel (rund 35,7 Millionen Euro) für den Monat Januar nicht an die Autonomiebehörde weitergeleitet werden. „Wir haben nicht vor, Gelder zu überweisen, die für Terrorismus ausgegeben werden“, hatte der amtierende Ministerpräsident Ehud Olmert am Vorabend gesagt.
Nach dem Sieg der Hamas bei der palästinensischen Parlamentswahl in der vergangenen Woche haben die EU und die Vereinigten Staaten einen Gewaltverzicht und die Anerkennung Israels zur Bedingung für eine Zusammenarbeit mit einer von den Islamisten geführten Regierung gemacht. Während Hamas eine Waffenruhe seit einem Jahr weitgehend einhält, ist die Organisation bisher nicht bereit, auf das in ihrer Charta erklärte Ziel einer Zerstörung Israels zu verzichten.
Parlament in Gaza-Stadt gestürmt
Inzwischen gibt es aber einzelne Stimmen, die einen Kurswechsel signalisieren. So sagte Adnan Asfur, ein örtlicher Hamas-Anführer in Nablus im Westjordanland: „Wir erkennen den Staat Israel an, aber die Besatzung erkennen wir nicht an.“
Hanija rief das Ausland dazu auf, das Ergebnis der Wahl vom vergangenen Mittwoch zu respektieren. Zur ausländischen Finanzhilfe, aus der der größte Teil des öffentlichen Haushaltes bestritten wird, sagte er: „Wir versichern, daß kein Geld für andere Aufgaben ausgegeben wird. Zusammen können wir uns auf ein Verfahren einigen, daß dies für Sie sicherstellt.“ Hamas werde das Finanz- und Behördensystem besser als bisher reformieren und wolle das Leid des palästinensischen Volkes vermindern.
Palästinensische Polizisten stürmten aus Protest gegen den Wahlsieg der Hamas das Parlamentsgebäude in Gaza-Stadt. Augenzeugen berichteten, Dutzende Mitarbeiter der Sicherheitskräfte hätten in die Luft geschossen, die Türen des Gebäudes hinter sich verschlossen und seien auf das Dach geklettert. Der Übergriff sei eine „Botschaft“ an eine künftige Regierung unter Führung der Hamas, erklärten die Polizisten. Anhänger der bisher regierenden Fatah haben das Gebäude in den vergangenen Tagen bereits mehrfach gestürmt.
Bundestag will der Hamas kein Geld geben
Die EU-Außenminister berieten am Montag über die Zukunft der Hilfen. Merkel vertritt die Position, daß es für Deutschland und die EU unvorstellbar sei, eine palästinensische Autonomiebehörde finanziell zu unterstützen, die Israel das Existenzrecht abspreche. Nach dem Wahlsieg der Hamas riefen führende deutsche Politiker die Bundeskanzlerin dazu auf, in dieser schwierigen Phase die Kontinuität der deutschen Nahost-Politik zu wahren. (Siehe auch: )
Der Europaausschuß des Bundestages will sich nach Worten seines Vorsitzenden Matthias Wissmann dafür einsetzen, EU-Gelder an eine Hamas-Regierung zu streichen. Die Hamas hatte bei der palästinensischen Parlamentswahl eine absolute Mehrheit von 76 der 132 Mandate errungen. Die bisher regierende Fatah-Partei erlitt eine schwere Niederlage.