Nach Scheitern der UN-Resolution : Washington zieht Diplomaten aus Syrien ab
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Syrische Demonstranten am Sonntag in Idlib Bild: dapd
Die Vereinigten Staaten schließen ihre Botschaft in Damaskus und ziehen ihre Diplomaten aus Syrien ab. Auch Großbritannien hat seinen Botschafter zurückgerufen. Frankreich und Deutschland wollen die Gewalt mit einer Kontaktgruppe eindämmen.
Europäer und Amerikaner wollen nach dem Scheitern einer Syrien-Resolution im UN-Sicherheitsrat auf anderen Wegen den Druck auf das Regime in Damaskus erhöhen. Frankreich und Deutschland forderten die Einrichtung einer Kontaktgruppe der Freunde eines demokratischen Syriens. Beide Länder würden „nicht nachlassen in allen Bemühungen, dem syrischen Volk zu helfen und das zu verurteilen, was dort stattfindet“, sagte Bundeskanzlerin Merkel am Montag in Paris. Sie forderte den syrischen Präsidenten Baschar al Assad eindringlich zum sofortigen Rücktritt auf. Die Europäische Union will nach Angaben von Diplomaten die Sanktionen gegen das Assad-Regime verschärfen. Die Bundeskanzlerin bezeichnete insbesondere die russische Haltung als „kurzsichtig“. Gerade Russland, das mit China durch sein Veto die Resolution verhindert hatte, müsse sich fragen, ob es wirklich getrennt von der Arabischen Liga Politik machen wolle. Moskau und Peking hätten nun die Verantwortung dafür, dass das Blutvergießen weitergehen könne, sagte ein Regierungssprecher in Berlin.
Großbritannien ruft Botschafter zu „Konsultationen“ zurück
Die Vereinigten Staaten schlossen am Montag ihre Botschaft in Damaskus und zogen alle Beschäftigten ab. Das syrische Regime sei nicht auf die Sicherheitsbedenken der Diplomaten eingegangen, hieß es. Großbritannien rief nach Angaben von Außenminister William Hague seinen Botschafter in Syrien „zu Konsultationen“ zurück.
Auch aus den arabischen Staaten wurde scharfe Kritik an Damaskus und dem Verhalten Russlands und Chinas im UN-Sicherheitsrat laut. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al Arabi, verurteilte die jüngste Offensive in der syrischen Stadt Homs, die auch am Montag fortgesetzt wurde. „Die syrischen Truppen setzen schwere Waffen gegen Zivilisten ein“, sagte er. Das saudische Kabinett warnte nach seiner wöchentlichen Sitzung in Riad in einer schriftlichen Erklärung, dass in Syrien eine „humanitäre Katastrophe“ drohe. Es forderte die Staatengemeinschaft auf, Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung zu ergreifen. Die Außenminister des Golfkooperationsrats würden „nach dem Scheitern der Vereinten Nationen“ noch in dieser Woche über Syrien beraten, sagte der omanische Außenminister Yusuf Bin Alawi.
Weitere Angriffe des Regimes gegen Homs
Ungeachtet des Drucks aus dem Ausland setzten die Truppen Assads ihre Angriffe gegen die Stadt Homs auch am Montag fort. Dabei wurden im Stadtteil Baba Amr abermals Wohnhäuser von Zivilisten und auch ein Feldlazarett zerstört. Aktivisten berichteten von Einschlägen im Zwei -Minuten-Takt. Zunächst war am Montagnachmittag von mindestens 36 Todesopfern in Homs die Rede. Im ganzen Land sind nach Angaben von Aktivisten am Montag mindestens 46 Menschen getötet worden. Die oppositionellen Koordinierungskomitees gaben an, dass seit dem Beginn des Aufstands am 15. März mindestens 7339 Menschen getötet worden seien.
Bilder, die von arabischen Nachrichtensendern ausgestrahlt wurden, zeigten dichte Rauchwolken über Homs. Das Regime in Damaskus wies die Verantwortung für den Beschuss der Stadt zurück. Es handle sich um einen Angriff „bewaffneter terroristischer Gruppen“, die Zivilisten und Polizisten töteten, gaben staatliche Medien bekannt. Daher komme es zu Zusammenstößen der regulären Arme mit „Terroristen“. Nach der Darstellung der staatlichen Medien wurden in der Provinz Idlib drei Soldaten getötet und weitere verschleppt sowie nahe Homs eine Gasleitung durch Sabotage beschädigt. Das „Syrische Observatorium für Menschenrechte“ in London berichtete, dass Deserteure in Idlib einen Kontrollposten der Armee zerstört und dabei drei Soldaten getötet hätten.
Türkei: Scheitern der Resolution kein Freibrief für Assad
Die Türkei warnte das Regime in Damaskus davor, das Scheitern der Syrien-Resolution als Freibrief zu betrachten. Einen Einsatz der türkischen Armee zum Schutz der Demonstranten im Nachbarland Syrien schließt Ankara jedoch aus. „Wir werden alles unternehmen“, zitierte die türkische Nachrichtenagentur Anadolu am Montag den stellvertretenden Ministerpräsidenten Bülent Arinc. Eine militärische Intervention sei für die Türkei aber keine Option. Staatspräsident Abdullah Gül sagte, sein Land bedauere das Scheitern der Syrien-Resolution.
Der russische Außenminister Lawrow, der an diesem Dienstag in Damaskus erwartet wurde, sagte indes, einige Reaktionen auf das Veto im Sicherheitsrat seien an der „Grenze der Hysterie“. China wies die Kritik an seinem Veto im UN-Sicherheitsrat mit dem Hinweis zurück, die Resolution sei dort eingebracht worden, bevor alle Beteiligten eine Einigung erreicht hätten. So ein Vorgehen sei der Einheit und Autorität des Sicherheitsrates nicht dienlich, sagte am Montag ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums. Weder schütze China jemanden, noch sei es absichtlich gegen jemanden, China halte die Gerechtigkeit aufrecht und handle verantwortlich. China unterstütze Dialog, mit dem Ziel die Gewalt zu beenden und den Wunsch des syrischen Volks nach politischen Reformen zu erfüllen. Die Stellungnahme des Außenministeriums war etwas zurückhaltender als Kommentare in den offiziellen Medien, die am Montag Chinas Position noch schärfer vertreten hatten. Die „Volkszeitung“ kritisierte die Resolution als einseitig.