Vor Gericht in Myanmar : Aung San Suu Kyi weist Vorwurf der Aufwiegelung zurück
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Aung San Suu Kyi im Dezember 2019, als sie vor dem Militärputsch als Staatsrätin fungierte Bild: AP
Erstmals seit dem Militärputsch in Myanmar sagt die abgesetzte Staatsrätin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi vor Gericht aus. Laut Anwälten hat sie „ihre Unschuld sehr gut verteidigt“.
Die abgesetzte Staatsrätin Aung San Suu Kyi hat erstmals seit dem Putsch des Militärs in Myanmar vor Gericht ausgesagt. Die Friedensnobelpreisträgerin habe bei der Anhörung, die schon am Dienstag stattgefunden hatte, den Vorwurf der Aufwiegelung zurückgewiesen, berichtete das Nachrichtenportal Myanmar Now. Sie habe „ihre Unschuld sehr gut verteidigt“, zitierte das Portal einen ihrer Anwälte, der namentlich nicht genannt wurde, weil die Militärjunta ihrem Anwaltsteam zuvor ein Redeverbot erteilt hatte.
Die Anklage beruht auf dem Paragraph 505b des Strafgesetzbuches, unter dem auch schon in der Vergangenheit Aktivisten gerichtlich verfolgt worden waren. Sie bezieht sich offenbar auf zwei Mitteilungen von Suu Kyis Partei, der Nationalliga für Demokratie (NLD), in denen der Putsch des Militärs gegen die gewählte Regierung am 1. Februar verurteilt worden war.
Bei Verurteilung droht jahrelange Haftstrafe
Anwälte und Unterstützer sehen politische Motive hinter dem Prozess, durch den die vom Volk weiter verehrte Politikerin für Jahre aus dem Verkehr gezogen werden soll. Neben der Staatsrätin sind auch der Präsident Win Myint und der abgesetzte Bürgermeister der Hauptstadt Naypyidaw der Aufwiegelung angeklagt. Darüber hinaus wird Suu Kyi diverser weiterer Vergehen beschuldigt, darunter der Korruption. Bei einer Verurteilung droht ihr eine jahrelange Haftstrafe.
Die Staatsrätin wird seit dem Putsch an einem unbekannten Ort festgehalten. Zu dem Zeitpunkt, als die Mitteilungen der NLD veröffentlicht worden waren, hatten sie und die anderen Regierungsmitglieder sich schon in der Hand der Junta befunden. In der ersten Mitteilung hatte die NLD die internationale Gemeinschaft aufgerufen, die Junta nicht als legitime Regierung anzuerkennen. In dem zweiten Schreiben hatte sie alle von der Junta erlassenen Regeln und Gesetze für illegal erklärt.
Durch das Redeverbot für die Anwälte ist es schwierig, weitere Neuigkeiten über den Prozess zu bekommen. Auch Informationen über die physische Verfassung der 76 Jahre alten Politikern gibt es derzeit nicht. Sie hatte das Gericht kürzlich aus gesundheitlichen Gründen gebeten, statt wöchentlich nur noch alle zwei Wochen zu tagen. Die Junta hatte das Redeverbot erlassen, nachdem die Anwälte Details aus dem Verfahren gegen Myanmars Präsident Win Myint an die Öffentlichkeit weitergegeben hatten. Dieser hatte demnach vor Gericht angegeben, am Tag des Putsches von zwei Generalen unter Druck gesetzt worden zu sein, aus vermeintlich gesundheitlichen Gründen freiwillig von seinem Amt zurückzutreten. Diese Aussage widerspricht der Version der Ereignisse, die von der Junta verbreitet wird, wonach die Machtübernahme im Einklang mit dem Gesetz gewesen sei.
Die anhaltend schwierige Lage in Myanmar ist derweil auch ein Thema bei den derzeit virtuell stattfindenden Gipfeltreffen des südostasiatischen Staatenbunds ASEAN und seinen Dialogpartnern. Mehrere teilnehmende Regierungschefs haben die Junta aufgefordert, die Vorwürfe fallenzulassen und die gefangenen Regierungsmitglieder aus der Haft zu entlassen. US-Präsident Joe Biden hatte am Dienstag beim ASEAN-USA-Gipfel die „fürchterliche“ Gewalt in Myanmar verurteilt. Dort sind mittlerweile knapp 1200 Menschen getötet und tausende verhaftet worden.
Biden unterstützte die Bemühungen des südostasiatischen Staatenbunds, unter dem sogenannten Fünf-Punkte-Konsens einer Lösung näher zu kommen. Da Myanmar bisher keine darin festgelegten Maßnahmen erfüllt hat, war die Militärführung von den Gipfeltreffen ausgeschlossen worden. Als Reaktion ist das Land derzeit deshalb gar nicht bei den Treffen vertreten.