Patronen für Gepard : Schweiz verbietet Munitionslieferung an die Ukraine
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Ohne die in der Schweiz hergestellten Patronen droht den Ukrainern die Munition für die aus Deutschland gelieferten Flugabwehrpanzer Gepard auszugehen. Bild: Reuters
Es bleibt dabei: Die Schweiz untersagt Deutschland die Weitergabe von Munition für den Panzer Gepard. Das Neutralitätsrecht verbiete dies, teilt der Schweizer Wirtschaftsminister mit.
Deutschland darf in der Schweiz produzierte Munition für den Flugabwehrpanzer Gepard endgültig nicht an die Ukraine weiterreichen. Dies hat der Schweizer Wirtschaftsminister Guy Parmelin am Donnerstag Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) geschrieben. Er schlug damit Lambrechts schriftliche Bitte aus, rund 12.400 Patronen an die Ukraine weitergeben zu dürfen. Im Verteidigungskrieg gegen Russland geht den Ukrainern die Munition für den von Deutschland gelieferten Gepard aus.
Deutschland kann die noch vorrätigen Geschosse aber nur mit Zustimmung der Schweiz weitergeben. So war das bei der Lieferung des Materials einst vertraglich vereinbart worden. Schon im Frühjahr hatte das zuständige Wirtschaftsministerium in Bern eine Wiederausfuhrgenehmigung verweigert. Trotzdem unternahm Lambrecht nun einen zweiten Anlauf. In dem Brief an die Schweizer Regierung verwies sie darauf, dass mit dem Gepard auch die Infrastruktur in den Schwarzmeerhafen der Ukraine geschützt werde. Diese sei wichtig für humanitäre Projekte wie die Getreideausfuhr per Schiff.
Doch das für Rüstungsexporte zuständige Schweizer Wirtschaftsministerium blieb nun bei seiner ablehnenden Haltung. In einer Mitteilung führt es dafür rechtliche Gründe an: Die Schweiz wende im Verhältnis Russland-Ukraine das Neutralitätsrecht an, welches Teil des Völkergewohnheitsrechts sei. „Aufgrund des neutralitätsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots kann die Schweiz einer Anfrage um Weitergabe von Kriegsmaterial mit Schweizer Ursprung an die Ukraine nicht zustimmen, solange diese in einen internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt ist.“
Verfechter „kooperativer Neutralität“ sind unterlegen
Zudem erlaube es das Schweizer Kriegsmaterialgesetz nicht, Kriegsmaterial an Länder zu liefern, die sich in einem bewaffneten Konflikt befänden. Wirtschaftsminister Parmelin betone in seinem Antwortschreiben an Lambrecht aber, dass sich die Schweiz entschieden für Frieden und Sicherheit engagiere, „jedoch stets unter der strikten Einhaltung des Neutralitätsrechts, wie dies ihrer humanitären Tradition entspricht“. So habe die Regierung jüngst den „Aktionsplan Winterhilfe“ beschlossen, um die Menschen in der Ukraine zu unterstützen. Damit stelle die Schweiz zusätzlich zu ihrem bestehenden humanitären Engagement in der Ukraine 100 Millionen Franken zur Verfügung.
Die Haltung der Schweiz in der Frage der Munitionsweitergabe stößt in Deutschland auf zum Teil scharfe Kritik. Ende vergangener Woche stellten Politiker der CDU und der FDP die Rolle der Schweiz als Rüstungslieferant in Frage. In Deutschland und in der Schweiz war vereinzelt von „unterlassener Hilfeleistung“ die Rede.
Im Schweizer Parlament ist ein Vorstoß des FDP-Parteipräsidenten Thierry Burkhart anhängig. Darin verlangt Burkhart, dass es bestimmten Ländern, die ähnliche Werte und Ausfuhrregeln wie die Schweiz haben, erlaubt sein solle, Waffen und Munition aus Schweizer Produktion an Dritte weiterzugeben. Doch selbst wenn es für diesen Vorstoß eine politische Mehrheit gäbe, wäre eine mögliche Gesetzesänderung nur für künftige Waffenverkäufe gültig.
Der Schweizer Außenminister Ignazio Cassis (FDP) hatte in seinem Konzept der „kooperativen Neutralität“ ebenfalls vorgeschlagen, die Wiederausfuhrbestimmungen für Rüstungsexporte zu lockern. Er wollte das Kriegsmaterialgesetz ändern, um die Weitergabe von Waffen aus Schweizer Produktion in Konfliktgebiete unter bestimmten Umständen zu ermöglichen. Doch damit konnte er sich in der Mehrparteien-Regierung nicht durchsetzen.