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Münchner Sicherheitskonferenz : Keine Zeit für Kriege

Steigen die Temperaturen, wird es eng für Milliarden Menschen: Opfer eines Zyklons an der Küste Bangladeschs stehen für Reis an (Archivbild) Bild: AFP

Die Menschheit droht, die Erderwärmung nicht mehr aufhalten zu können. Beim Thema Klima sind sich die Teilnehmer in München einig: Das Letzte, was die Welt braucht, ist ein neuer Ost-West-Konflikt.

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          Der russische Präsident war nicht nach München gekommen, und doch war Wladimir Putin omnipräsent. Den ganzen Freitag nährte der Kreml die Welt und damit die Sicherheitskonferenz mit Nachrichten rund um den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine. Dass die Welt angesichts der Erderwärmung nichts weniger gebrauchen kann als einen neuen Ost-West-Konflikt, daran ließen die Teilnehmer der Konferenz ungeachtet des größten Truppenaufmarschs in Europa seit Jahrzehnten keinen Zweifel. Den Anfang machte António Guterres: „Beim Klimawandel gewinnen wir das Rennen derzeit nicht, wir verlieren es“, sagte der UN-Generalsekretär nach seiner Eröffnungsrede im Konferenzsaal des Tagungshotels „Bayerischer Hof“. Eine faktenreiche Liste von Begründungen lieferte an selber Stelle kurz darauf Johan Rockström.

          Lorenz Hemicker
          Redakteur beim Chef vom Dienst.

          Der 56 Jahre alte Schwede leitet seit 2018 das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Die Maßnahmen zur CO2-Reduktion seien unzureichend. Die Welt bewege sich hin zu einer Katastrophe. 2,7 Grad Celsius Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts seien ein Wert, den die Erde in den vergangenen vier bis fünf Millionen Jahren nicht erreicht habe. Schon heute seien Anzeichen für Instabilitäten bei einer Reihe der 50 wissenschaftlich festgestellten Klima-Kipppunkte wie dem Gröndlandeisschild, dem Amazonasgebiet oder dem Golfstrom registriert worden. Mache die Menschheit weiter wie bisher, werde die Erderwärmung dazu führen, dass im Jahr 2070 über drei Milliarden Menschen in Regionen mit einer Jahresmitteltemperatur von über 29 Grad leben müssten, darunter große Volkswirtschaften wie Brasilien, Nigeria und Indien. Bei solchen hohem Durchschnittstemperaturen sie die Gesundheit der Menschen bedroht.

          Am meisten Sorge aber bereiteten sogenannte Kaskaden. Wie bei einem Dominospiel, so war Rockströms Ausführungen zu entnehmen, könnten dabei die Kipppunkte einander umwerfen und die Sicherheitsrisiken immer weiter steigen lassen. Die wissenschaftliche Botschaft laute: Die Menschheit unterschätze die Bedrohung. Eine Neuausrichtung der weltweiten Reduktionspläne sei dringend nötig. Die CO2-Emissionen müssten bis 2030 über 50 Prozent sinken und bis 2050 auf null Emissionen zurückzufahren. Die schleichende Klimakrise, so Rockström, sei schon jetzt ein planetarischer Notfall. Vor der Menschheit lägen turbulente Zeiten.

          Der Klima-Sondergesandte der amerikanischen Regierung, John Kerry, wählte nicht minder alarmierende Worte. „Wir befinden uns auf dem Weg der größten Zerstörung“, sagte der frühere Außenminister in der anschließenden Diskussion. Kerry erklärte, die Ukraine-Krise stelle eine Herausforderung für die Werte, den Zusammenhalt des Westens und das Völkerrecht dar. Aber die Klimakrise sei „etwas Existentielles“. So hatte sich bereits zuvor US-Außenminister Antony Blinken zuvor geäußert.

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