Mohammed-Video : Islamfeindlich und anonym
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Unruhen in der Nähe der amerikanischen Botschaft in Kairo. Bild: dpa
In Ägypten, Libyen und nun auch Jemen hat ein Mob amerikanische Vertretungen angegriffen. Ein islamfeindliches B-Movie, produziert in den Vereinigten Staaten, soll den Zorn geschürt haben. Bislang sind dessen Urheber unbekannt.
Wieder einmal ruft eine Mohammed-Darstellung aus einem westlichen Land in der arabischen Welt Empörung hervor - dieses Mal ist es eine besonders schlecht gemachte. Das 14 Minuten lange Youtube-Video, das womöglich der Auslöser für die Proteste war, bei denen in der Nacht zum Mittwoch in der libyschen Stadt Benghasi unter anderem der amerikanische Botschafter ums Leben kam, ist sichtlich amateurhaft produziert. Es besteht aus teilweise unzusammenhängenden Ausschnitten, die offenbar zu einem längeren Spielfilm gehören. Der Film, der in der arabischen Wüste spielt und „The Innocence of Muslims“ (Die Unschuld der Muslime) heißt, zeigt den Propheten Mohammed als homosexuellen und ehebrecherischen Banditen, der seine Gefolgsleute dazu aufruft, ihre Feinde zu ermorden sowie Kinder zu schänden und zu versklaven. Die Dialoge, die den Islam am stärksten verunglimpfen, scheinen nachträglich in den Film montiert worden zu sein. Das Video ist bereits seit Anfang Juli auf dem Internetportal Youtube abrufbar, wurde aber erst einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, als Anfang dieser Woche ein in den Vereinigten Staaten lebender koptischer Christ, der aus Ägypten stammt, den Film auf seinem Blog veröffentlichte. Daraufhin übersetzten ägyptische Journalisten die Dialoge ins Arabische.
Seitdem wird über die Macher des Films gerätselt. Der Trailer wurde von einem Nutzer mit dem Pseudonym Sam Bacile ins Internet gestellt. Ein Mann behauptete in einem Telefoninterview mit der amerikanischen Zeitung „Wall Street Journal“, er heiße tatsächlich Sam Bacile und habe den Film gemacht; er sei Jude, israelischer und amerikanischer Staatsbürger und arbeite in Kalifornien als Immobilienmakler. Die Produktionskosten für den Film, angeblich rund fünf Millionen Dollar, habe er von jüdischen Spendern erhalten. Außerdem sagte er, der Islam sei ein „Krebsgeschwür“ und der Film sei absichtlich provokativ.
Recherchen des „Wall Street Journal“ und der Nachrichtenagentur Associated Press ergaben aber, dass es in Kalifornien keinen Immobilienmakler mit dem Namen Sam Bacile gibt. Auch den israelischen Behörden ist kein Bürger dieses Namens bekannt. Die Mobilfunknummer, über welche die Journalisten mit dem Mann telefoniert hatten, wurde einen Tag später deaktiviert. Nach Angaben von AP führt eine Spur über die Nummer, die auf einen „Sam Bacile“ registriert war, allerdings zu einem koptischen Christen in Los Angeles. Dieser behauptete, er sei der Manager der Produktionsgesellschaft, die den Film produziert hatte. Zur Identität des Regisseurs machte er keine Angaben, sagte aber, dieser sei „besorgt“ über die Behandlung koptischer Christen in der islamischen Welt gewesen.
Schleierhafte Filmproduktion
Ein kalifornischer Versicherungsvertreter namens Steve Klein, der zur extremistischen christlichen Rechten in den Vereinigten Staaten gehört, bezeichnete sich als „Berater“ des Produktionsteams. Klein wurde auf dem Internetportal der amerikanischen Zeitschrift „The Atlantic Monthly“ mit der Aussage zitiert, er habe „Sam Bacile“ gewarnt, der Film könne sein Leben gefährden und ihn zum „nächsten Theo Van Gogh“ machen. Der niederländische Filmemacher war im Jahr 2004 wegen eines islamfeindlichen Films ermordet worden. Klein sagte, den Machern von „The Innocence of Muslims“ sei bewusst gewesen, dass es wahrscheinlich zu gewalttätigen Protesten kommen würde, sobald der Film Bekanntheit erlange.
Bei der Produktion des Films scheint es diverse Unregelmäßigkeiten gegeben zu haben. Einige der beteiligten Schauspieler veröffentlichten nach den Ausschreitungen in Benghasi eine gemeinsame Erklärung, in der sie sich „schockiert“ von den Gewalttaten zeigten und von dem Film distanzierten. Die Produzenten des Films hätten sie in die Irre geführt, was den Inhalt und die Absicht des Films betroffen habe. Eine Casting-Agentur habe Darsteller für einen Wüsten-Abenteuerfilm gesucht, dessen Hauptdarsteller George heißen sollte. Der Prophet sei im Originaldrehbuch nicht vorgekommen; viele der schlimmsten islamfeindlichen Bemerkungen seien nachträglich in den Film montiert worden.
Youtube hat den Film am Mittwochabend in Ägypten und Libyen gesperrt, ihn jedoch nicht aus dem Netz genommen. Der Film verletze keine Nutzerregeln, man habe sich aufgrund der „komplexen“ politischen Situation zu dem Schritt entschlossen, teilte das Unternehmen Google mit, dem Youtube gehört.