Militärparade in Pjöngjang : Kim Jong-un fordert die USA heraus
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Familienvater: Kim Jong-un mit seiner Tochter bei der Militärparade Bild: EPA
Auf der Militärparade zum 75. Jahrestag der Gründung der nordkoreanischen Streitkräfte zeigt das Land seine Fähigkeit, ein amerikanisches Raketenabwehrsystem zu überwinden. Theoretisch zumindest.
Machthaber Kim Jong-un hat den 75. Gründungstag der nordkoreanischen Streitkräfte genutzt, um den rasanten Ausbau der militärischen Fähigkeiten seines Landes vorzuführen. Auf einer nächtlichen Militärparade in Pjöngjang wurden nach Zählung von Fachleuten elf oder zwölf Interkontinentalraketen des schlagkräftigsten Typs Hwasong-17 samt Startfahrzeugen präsentiert – mehr als je zuvor. Das geht aus Satellitenbildern und Aufnahmen von Staatsmedien hervor.
Der Nuklearfachmann Ankit Panda von der Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace wies auf Twitter darauf hin, dass Nordkorea damit theoretisch die Raketenabwehr der Vereinigten Staaten überwinden könne. Jede der Raketen soll bis zu vier Sprengköpfe tragen können.
Laut einem Dokument des amerikanischen Streitkräfteausschusses des Senats aus dem Jahr 2021 würden elf der Raketen ausreichen, um die Kapazitäten des bestehenden Abfangsystems auszuschöpfen. Raketentests haben gezeigt, dass die Hwasong-17 das amerikanische Festland erreichen kann. Unklar ist aber, ob die nordkoreanischen Sprengköpfe den Wiedereintritt in die Atmosphäre schadlos überstehen könnten.
Mit schwarzem Mantel und Stetson-Hut
Darüber hinaus wurde auf der Parade eine Attrappe eines mutmaßlich neuen Typs einer Interkontinentalrakete präsentiert, wie der Machthaber ihn im vergangenen Jahr auf einem Parteitag angekündigt hatte. Nach Einschätzung von Fachleuten handelt es sich um eine feststoffbetriebene Waffe. Feststoffbetriebene Raketen haben den Vorteil, dass sie leichter transportiert, schneller gestartet und deshalb schwerer entdeckt werden können.
Zudem marschierten laut Staatsmedien „taktische Nukleareinheiten“ auf. Mit dem Verweis darauf unterstreicht das Regime seine früheren Drohungen mit dem Einsatz und der Massenproduktion von taktischen Atomwaffen. Angesichts der rasanten Rüstungsfortschritte Nordkoreas haben mehrere Fachleute zuletzt eine Überprüfung der bisherigen Eindämmungspolitik gefordert.
Der Machthaber selbst nahm an der 13. Militärparade seiner Herrschaft auf einer Tribüne teil. Er wurde von seiner Frau und seiner Tochter Ju-ae begleitet. Sie ist schon mehrmals gemeinsam mit ihrem Vater in der Öffentlichkeit aufgetreten, erstmals im November bei einem Raketentest. Ihr Alter wird auf neun bis elf Jahre geschätzt.
Manche Beobachter sehen darin einen Hinweis, dass sie für höhere Aufgaben vorbereitet wird. Andere vermuten eher, dass Kim Jong-un sich mit den Familienbildern ein freundlicheres Image zulegen will. Das Staatsfernsehen zeigte unter anderem eine Szene, in der Kim seiner Tochter etwas ins Ohr flüstert, woraufhin sie ihm über die Wange streichelt.
Kim Jong-un erschien in schwarzem Mantel und Stetson-Hut. Das Outfit verlieh ihm das Aussehen eines Chicagoer Mafiabosses. Die Intention war aber wohl eine andere. Die Kleidung unterstrich seine Ähnlichkeit mit seinem Großvater, dem Staatsgründer Kim Il-sung.