Drei Tage in Westafrika : Wo die einen nicht wollen, stehen die anderen bereit
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Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am Flughafen mit militärischen Ehren begrüsst. Ghana ist die zweite Station der dreitägigen Afrikareise der Kanzlerin. Bild: dpa
In Westafrika spricht Bundeskanzlerin Merkel über Migration – und über wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die Konkurrenz mit China belebt das Geschäft.
Die Migrationsdebatte hat die Bundeskanzlerin zur Afrika-Expertin gemacht. Zum vierten Mal innerhalb von zwei Jahren besucht Angela Merkel in diesen Tagen den Kontinent. Nach Reisen zu den Drehkreuzen der Migration in der Sahelzone, zu den Nachbarn Europas am südlichen Mittelmeer und auf dem EU-Afrika-Gipfel in der Elfenbeinküste sind dieses Mal die Herkunftsländer von Einwanderern an der Reihe.
Am Mittwoch und am Donnerstag war sie in Senegal und in Ghana, zwei Ländern mit relativ stabilen demokratischen Verhältnissen und vielversprechendem Wirtschaftswachstum, wenn auch noch immer bescheidenem Wohlstandsniveau. An diesem Freitag besucht sie das ungleich schwierigere Nigeria, das einwohnerreichste Land Afrikas mit starken ökonomischen Problemen nach dem Verfall des Ölpreises und einer schwierigen Sicherheitslage im Norden, wo die Islamisten von Boko Haram operieren.
Von dort kamen bislang auch die meisten Flüchtlinge über die zentrale Mittelmeerroute nach Deutschland. Nigeria ist das einzige afrikanische Land, das derzeit unter den Hauptgruppen der Asylbewerber eine nennenswerte Rolle spielt. Es ist unter den drei Ländern auf Merkels Reise auch das einzige, das nicht als sicheres Herkunftsland gilt. Rund 15 Prozent der Bewerber aus Nigeria erhalten in Deutschland ein Bleiberecht, vor allem solche, die aus den Konfliktregionen im Norden stammen.
In Deutschland Leben 30000 ausreisepflichtige Nigerianer
Zugleich leben allerdings rund 30000 ausreisepflichtige Nigerianer in der Bundesrepublik, wobei in zwei Dritteln der Fälle noch ein Gerichtsverfahren anhängig ist. Bei Senegalesen und Ghanaern sind die Fallzahlen erheblich geringer. Der Ausgangspunkt des neuerwachten deutschen Afrika-Interesses war, die Herkunftsländer zu einer besseren Zusammenarbeit bei der Rückkehr der betroffenen Migranten zu bewegen – und daneben langfristig durch wirtschaftliche Entwicklung dafür zu sorgen, dass sich weniger junge Leute mangels Perspektiven auf den Weg nach Europa machen.
Inzwischen zeigt sich, dass beides nicht so einfach ist. Für afrikanische Regierungen bringt eine allzu eifrige Kooperation bei der Rückkehr der eigenen Staatsbürger innenpolitische Probleme mit sich. Zum einen, weil sie wirtschaftlich stark von den Rücküberweisungen der bislang oft illegal nach Europa gelangten Landsleute abhängig sind. Zum anderen, weil oft ganze Familien Geld zusammengelegt haben, damit einer den Weg nach Europa schafft, und ein Scheitern mit einem entsprechenden Gesichtsverlust verbunden ist.
Den Dreh- und Angelpunkt sieht die Bundesregierung deshalb darin, den Kampf gegen die illegale Migration glaubwürdig mit der Öffnung legaler Einwanderungskanäle zu verknüpfen. Das geplante Einwanderungsgesetz bietet dafür eine Chance. Auf dem westlichen Balkan ist das schon vor längerem gut gelungen. Nachdem die deutschen Botschaften zuerst erfolglos den Hinweis verbreiteten, Wege nach Deutschland gebe es überhaupt nicht, gibt es inzwischen deutsche Agenturen, an die sich all jene wenden können, die eine Arbeit in Deutschland aufnehmen möchten.
Die Bundesregierung finanziert den Deutschunterricht in afrikanischen Ländern
Dort sind inzwischen auch die restriktiven Qualifikationshürden gefallen, was bei Afrika noch nicht der Fall ist. Aber es gibt inzwischen ähnliche Pläne. In Ghana und in Senegal haben mittlerweile deutsche Agenturen eröffnet, die sowohl Rückkehrern bei der Wiedereingliederung in der Heimat helfen als auch über legale Einwanderungsmöglichkeiten informieren. Parallel dazu finanziert die Bundesregierung den Ausbau des Deutschunterrichts in afrikanischen Ländern, um junge Leute auf eine Ausbildung oder ein Studium in Deutschland vorzubereiten.