Donald Trump und Angela Merkel auf einem Nato-Treffen im Jahr 2019 Bild: AFP
Nach dem Vorgehen von Twitter gegen Trump betont Bundeskanzlerin Merkel das „Grundrecht auf Meinungsfreiheit“. EU-Kommissar Breton spricht von einem Wendepunkt bei der Regulierung von Online-Netzwerken.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht die Sperrung der Konten des amerikanischen Präsidenten Donald Trump auf Twitter kritisch. „Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht von elementarer Bedeutung“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. „In dieses Grundrecht kann eingegriffen werden, aber entlang der Gesetze und innerhalb des Rahmens, den der Gesetzgeber definiert – nicht nach dem Beschluss der Unternehmensführung von Social-Media-Plattformen.“ Unter diesem Aspekt sehe die Kanzlerin es als „problematisch“ an, dass die Konten Trumps dauerhaft gesperrt worden seien.
Seibert sagte auch, dass die Betreiber sozialer Netzwerke sehr große Verantwortung hätten, dass die politische Kommunikation „nicht vergiftet“ werde durch Hass, Lügen oder die Anstiftung zur Gewalt. Daher sei es richtig, nicht tatenlos zuzusehen, wenn solche Inhalte gepostet würden, sondern beispielsweise mit Anmerkungen zu reagieren, wie es in den vergangenen Wochen und Monaten geschehen sei.
Twitter hatte das Konto des scheidenden amerikanischen Präsidenten Donald Trump wegen „des Risikos einer weiteren Anstiftung zur Gewalt“ dauerhaft gesperrt. Damit zog der Konzern Konsequenzen aus der Erstürmung des Kapitols am vergangenen Mittwoch. Am Wochenende war der persönliche Account Trumps nicht mehr aufrufbar. Auch auf dem offiziellen Konto des amerikanischen Präsidenten @potus war kein Tweet mehr lesbar.
„Folge der Lügen von Herrn Trump“
Twitter war für Trump mit seinen mehr als 88 Millionen Followern jahrelang ein wichtiges Sprachrohr, während seiner Präsidentschaft setzte er nahezu täglich mehrere Tweets ab. Am Donnerstag hatten auch Facebook und Instagram Trumps Konten gesperrt.
Auch die Europäische Union befasst sich unterdessen mit dem Thema. Der Sturm auf das Kapitol in Washington stellt nach Ansicht von EU-Kommissar Thierry Breton einen Wendepunkt bei der Regulierung von Online-Netzwerken dar. „So wie der 11. September einen Paradigmenwechsel bei der weltweiten Sicherheitspolitik hervorgerufen hat, werden wir 20 Jahre später Zeuge eines Vorher-Nachher bei der Rolle von digitalen Plattformen in unserer Demokratie“, schrieb der Binnenmarktkommissar in einem Gastbeitrag für das Portal „Politico“.
Spätestens die Vorfälle vor und im Kapitol vergangene Wochen zeigten, dass es keinen Zweifel mehr daran gebe, dass Online-Plattformen zu systemischen Akteuren geworden seien. „Ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft können sie nicht mehr leugnen.“ Mit der dauerhaften Sperrung des persönlichen Twitter-Accounts von Präsident Donald Trump werde dies nun endlich anerkannt.
Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire verlangte, solche Entscheidungen nicht mehr Privatunternehmen zu überlassen. Er sei „schockiert“ darüber, dass Twitter diese Entscheidung habe treffen können, sagte Le Maire dem Sender France Inter. „Die Erstürmung ist Folge der Lügen von Herrn Trump.“ Er sehe in den Ereignissen „einen Angriff auf die Demokratie“.
Gleichzeitig sei aber auch „die digitale Oligarchie eine der Bedrohungen für die Staaten und die Demokratie“. Die Regulierung der Online-Netzwerke dürfe nicht von den „Digitalriesen“ selbst vorgenommen werden, sondern sei Aufgabe der Staaten und der Justiz.