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Faschistisch oder patriotisch? : Meloni hält an der Flamme in Parteisymbol fest

Giorgia Meloni, Parteivorsitzende der Fratelli d`Italia (Brüder Italiens) am 20. Juli in Rom Bild: dpa

Das Parteilogo der Brüder Italiens ziert eine Flamme. Das Symbol stammt von den Neofaschisten. Eine Holocaust-Überlebende fordert, darauf zu verzichten. Giorgia Meloni lehnt das ab.

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          Wenige Wochen vor der Parlamentswahl in Italien ist Giorgia Meloni auffallend darum bemüht, im europäischen Ausland Ängste vor ihrer Partei zu zerstreuen. Dabei versuchte sie neben dem Nachweis der EU-Tauglichkeit der Fratelli d´Italia (FdI) vor allem den Vorwurf zu entkräften, die FdI distanzierten sich nicht vom italienischen Faschismus. Meloni verurteilte die Unterdrückung der Demokratie durch den Faschismus und dessen antijüdischen Gesetze. Kritiker hielten ihr jedoch vor, dass sie sich vom Faschismus als Ganzes nicht distanziert habe. Bestärkt sehen sie sich nun durch den Streit um das Symbol der Partei, der in den vergangenen Tagen entbrannt ist. Anlass dafür war der Stichtag für das Einreichen der Parteisymbole und Listenzeichen für die vorgezogene Wahl am 25. September.

          Matthias Rüb
          Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

          Auf dem kreisrunden Listensymbol der FdI ist unter Melonis Namen und dem der Partei die Flamme in den Nationalfarben grün-weiß-rot zu sehen. Das umstrittene Symbol begleitet die Republik Italien faktisch seit deren Geburtsstunde. Im Dezember 1946 wurde die neofaschistische Partei Movimento Sociale Italiano (MSI) gegründet, von Vertretern und Anhängern der Repubblica Sociale Italiana (RSI), dem von der deutschen Besatzungsmacht eingesetzten Marionettenstaat unter Führung des Diktators Benito Mussolini mit Sitz in Salò am Gardasee.

          Wie ernst meint es Meloni?

          Der MSI erkor die Flamme zu seinem Symbol. Parteichef des MSI war bis 1987 Giorgio Almirante (1914 bis 1988), ein überzeugter Rassist und Antisemit, der Kabinettsmitglied in Mussolinis Republik von Salò war. Im Januar 1995 ging der MSI, beim Parteitag von Fiuggi unter der Führung von Gianfranco Fini in der Alleanza Nazionale (AN) auf. Fini schwor dem Faschismus und dem Rassismus ab, geißelte zumal die antijüdischen Rassengesetze der Mussolini-Diktatur. Doch von der Flamme im Parteisymbol wollte Fini nicht lassen. Ebenso wenig wie Meloni, als diese 2012 die Fratelli d’Italia (FdI) gründete, in welcher die AN faktisch aufgehen sollte.

          Symbolisiert die Flamme in den Farben der italienischen Trikolore den Geist des Faschismus, der aus der Grabesgruft Mussolinis in dessen Heimatort Predappio in die Zukunft leuchtet, wie überzeugte Neofaschisten bis heute glauben? Oder steht die Flamme lediglich für den italienischen Patriotismus, der in Geschichte und Gegenwart dem Internationalismus der Kommunisten entgegenstehe, wie Meloni und ihre Anhänger sagen? Die 91 Jahre alte Auschwitz-Überlebende Liliana Segre, Senatorin auf Lebenszeit, hatte am Wochenende Meloni aufgefordert, die Flamme aus dem Parteilogo zu entfernen – als äußeres Zeichen dafür, dass sie es mit der behaupteten unmissverständlichen Verurteilung des Faschismus auch ernst meine.

          Doch davon will Meloni nichts wissen. Die Flamme habe mit dem Faschismus „nichts zu tun“, vielmehr stehe sie „für die Anerkennung der Entwicklung einer demokratischen Rechten in der Geschichte unserer Republik“, erwiderte Meloni: „Und darauf sind wir stolz.“ Ignazio La Russa, Vizepräsident der kleineren Parlamentskammer und einer der engsten Vertrauten Melonis bei den Brüder Italiens, erinnerte seine Senatskollegin Segre daran, dass ihr eigener Ehemann, der konservative Antifaschist Alfredo Belli Paci (1920 bis 2007), sich in den siebziger Jahren einer Parteiliste unter Führung von Giorgio Almirantes MSI angeschlossen und sich dabei ganz offensichtlich nicht an der Flamme im Parteiemblem gestoßen habe.

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