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Waffenhilfe für die Ukraine : Meloni erwägt Lieferung von Kampfflugzeugen an Kiew

Herzliche Atmosphäre: Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am 9. Februar in Brüssel Bild: AP

Ministerpräsidentin Meloni will nach prorussischen Äußerungen Silvio Berlusconis keinen Zweifel aufkommen lassen: Italien steht an der Seite der Ukraine. Jetzt erwägt sie sogar die Lieferung von fünf Kampfflugzeugen.

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          Mit einem Besuch in Kiew sowie mit weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine versucht die italienische Mi­nisterpräsidentin Giorgia Meloni Zweifel an der Verlässlichkeit Roms als Partner in der Koalition gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu zerstreuen. Schon vor Wochen hatte Meloni, die seit dem 22. Oktober eine Mitte-rechts-Koalition führt, ihre Reise nach Kiew noch vor dem Jahrestag der russischen Invasion am 24. Februar an­gekündigt. Melonis Ankunft in Kiew – von Warschau kommend, wo sie am Montagnachmittag eintreffen sollte – wurde für den späten Montagabend oder für Dienstagmorgen erwartet.

          Matthias Rüb
          Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

          De­­tails zu den Reiseplänen der Mi­nisterpräsidentin wurden aus Sicherheitsgründen vorab nicht mitgeteilt. In Rom hieß es am Montag, Meloni habe sich auch um ein kurzes Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten Joe Biden in Warschau bemüht. Biden war überraschend am Montagmorgen in Kiew eingetroffen und wurde noch im Laufe des Tages in Warschau zurückerwartet.

          Berlusconi: Würde mich niemals mit Selenskyj treffen

          Zuletzt hatten die russlandfreund­lichen Einlassungen des früheren Mi­nisterpräsidenten Silvio Berlusconi für Unruhe in der Koalition sowie bei Italiens Partnern in EU und NATO ge­sorgt. Berlusconis christdemokratische Partei Forza Italia ist neben der rechtsnationalen Lega von Verkehrsminister Matteo Salvini Juniorpartner in der von Melonis rechtskonservativer Partei Brüder Italiens geführten Koalition.

          Bei der Stimmabgabe zu den Regionalwahlen in der Lombardei hatte Berlusconi am 12. Februar in Mailand den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für den russischen Überfall auf sein Land verantwortlich gemacht. Hätte es die fortgesetzten ukrainischen Angriffe auf die von russischen Separatisten kontrollierten und inzwischen von Moskau annektierten Gebiete im ostukrainischen Donbass nicht gegeben, dann wäre es auch nicht zum Krieg gekommen, hatte Berlusconi ar­gumentiert. Über Selenskyj sagte Berlusconi, er beurteile „das Verhalten dieses Herrn sehr, sehr negativ“ und würde sich niemals mit Selenskyj treffen, trüge er noch Regierungsverantwortung in Rom.

          Nach heftiger Kritik an Berlusconis Äußerungen bei einer Debatte im Eu­ropaparlament sah sich der Fraktions- und Parteichef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU), zur Absage einer für den 7. bis 9. Juni in Neapel geplanten Tagung der EVP zur Vorbereitung auf die Europawahlen 2024 gezwungen.

          Waffenlieferungen im Wert von einer Milliarde Euro

          Außenminister Antonio Tajani, stellvertretender Vorsitzender der Forza Italia, versuchte mit dem Argument die Wogen zu glätten, seine Partei habe im Parlament stets mit den Koalitionspartnern für die inzwischen sechs Pakete von Waffenlieferungen an Kiew ge­stimmt. Den Umfang der Waffenlieferungen, über deren Einzelheiten Rom aus Gründen der nationalen Sicherheit Stillschweigen bewahrt, beträgt nach Tajanis Angaben bisher rund eine Milliarde Euro.

          In Rom wurde erwartet, dass Meloni bei ihrem Besuch in Kiew die Lieferung des französisch-italie­nischen Luftabwehrsystems SAMP/T an die Ukraine verkündet. Die Verteidigungsminister der beiden Staaten hatten sich darauf Ende Januar in Rom im Grundsatz geeinigt.

          Unmittelbar vor ihrer Abreise nach Warschau und Kiew signalisierte Meloni die Bereitschaft, fünf Kampfflugzeuge des Typs AMX an die Ukraine zu liefern. Die in Italien auch als „Ghibli“ bekannten Flugzeuge wurden ab Mitte der Achtzigerjahre von einem italienisch-brasilianischen Firmenkonsorti­um gebaut und sollen bis Jahresende von der italienischen Luftwaffe außer Dienst gestellt und vollends durch amerikanische F-35 und den Eurofighter ersetzt werden.

          Regierung: Italien braucht alle Kampfpanzer selbst

          Italien verfügt nach Presseberichten noch über rund ein Dutzend einsatzfähige Kampfflugzeuge dieses Typs. Die erforderliche Zustimmung Brasilias zu der Lieferung, deren politische Bedeutung den militärischen Nutzen wohl übersteigen würde, gilt als sicher.

          An der Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine will sich Italien bisher nicht beteiligen. Nach italienischen Medienberichten sind von den gut 900 Panzern des Typs Leopard 1, die Italien ab den Siebzigerjahren er­worben hat, noch etwa 120 prinzipiell einsatzfähig. Bei den meisten handelt es sich um Berge- und Brückenlegepanzer, die aber alle modernisiert werden müssten.

          Als eigentliche Kampfpanzer nutzt das italienische Heer seit Mitte der Neunzigerjahre den Ariete (Widder) aus nationaler Produktion. Die italienischen Streitkräfte verfügen über rund 200 Ariete-Panzer. Nach An­gaben der Regierung in Rom ist Italien auf den gesamten Bestand an Ariete an­gewiesen und kann deshalb keine modernen Kampfpanzer an die Ukraine liefern.

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