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Diskussion zu neuem Referendum : Kommt ein zweites Brexit-Referendum?

Für wen lacht die Sonne weiter über Großbritannien – EU-Freunde oder -Feinde? Bild: AFP

Ausgerechnet der „Erz-Brexiteer“ Nigel Farage hat eine Diskussion über ein mögliches zweites Referendum über den Austritt Großbritanniens aus der EU angestoßen. Auch wenn er das Gegenteil behauptet – das Ergebnis könnte ihm nicht gefallen.

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          Lange Zeit war das Gerede über ein zweites EU-Referendum ebendas – Gerede. Die sich dafür aussprachen, das Königreich abermals über die EU-Frage abstimmen zu lassen, ernteten harsche Kritik: Es fehle ihnen an Respekt für den „Willen des Volkes“, ja sie wollten die Demokratie beugen, um am Ende nur ihren eigenen Willen durchzusetzen. Die Liberaldemokraten, die als einzige größere Partei mit der Forderung nach einer zweiten Volksabstimmung in die letzten Unterhauswahlen gezogen sind, wurden schmerzhaft abgestraft; nur acht Prozent wählten die Libdems. Britannien, das Land des Fairplay, mag keine schlechten Verlierer. So schien es.

          Jochen Buchsteiner
          Politischer Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

          Jetzt hat die Diskussion über ein zweites Referendum fürs Erste Fahrt aufgenommen. Angestoßen hat sie ausgerechnet Nigel Farage, der die „Leave“-Kampagne der Britischen Unabhängigkeitspartei Ukip angeführt hatte. „Vielleicht, aber wirklich nur vielleicht, sollten wir ein Referendum haben“, sagte Farage nach der Weihnachtspause zur Verblüffung seiner Brexit-Gefährten. Der Volkstribun, der auch nach dem Rücktritt vom Ukip-Vorsitz ein gefragter Gast in den Talkshows des Landes geblieben ist, hatte natürlich keine Umkehr des Ergebnisses im Sinn; im Gegenteil: „Wenn wir ein zweites Referendum hätten, könnten wir das Thema für eine lange Zeit beerdigen, denn die Zahl, die für den Brexit stimmen würde, wäre sehr, sehr viel höher.“

          Abstimmung bei Abbruch der Brexit-Verhandlungen?

          Mehrere „Remainers“ nahmen Farage beim Wort und intensivierten die Debatte. Die „üblichen Verdächtigen“ wie der frühere Premierminister Tony Blair und der ehemalige Libdem-Chef Nick Clegg wurden erstmals aus anderen Richtungen unterstützt: Der mächtige Gewerkschaftsboss Len McCluskey will ein zweites Referendum nun „nicht mehr ausschließen“, und auch einige Lords haben sich öffentlich stark dafür gemacht. Im Oberhaus, wo derzeit das „EU-(Rückzugs-)Gesetz“ beraten wird, versuchen europhile Mitglieder ein zweites Referendum auf dem Wege eines Ergänzungsantrags durchzusetzen – wenn nicht im Text des vorliegenden Entwurfs, dann zu einem späteren Zeitpunkt, etwa wenn das „Rückzugsabkommen“ debattiert wird.

          Angestrebt wird, die Bevölkerung über den „Deal“ abstimmen zu lassen, den Premierministerin Theresa May – vermutlich im kommenden Herbst – von den Austrittsverhandlungen in Brüssel mitbringt. Abgestimmt werden soll auch, wenn die Brexit-Verhandlungen schiefliefen und ohne Vereinbarung abgebrochen würden. Ob der Vorstoß Erfolg haben wird, ist ungewiss. Er würde wohl auch – nach heutigem Stand – im Anschluss von der Regierungsmehrheit im Unterhaus begraben werden.

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