Sahel-Krise : Mali droht Frankreich mit „Selbstverteidigung“
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Sitzung zur Situation in Mali: der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am Dienstag in New York Bild: Pictture Alliance
Die malische Militärregierung wirft Paris vor, den Luftraum des Landes zu verletzten und Waffen an Terroristen zu liefern. Die französische Regierung weist die „verleumderischen Anschuldigungen“ scharf zurück.
Malis Übergangsregierung hat ihren Ton gegenüber Frankreich nochmals verschärft. Sie werde von ihrem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch machen, wenn Frankreich weiterhin die Souveränität und nationale Sicherheit des westafrikanischen Landes untergrabe, drohte der malische Außenminister Abdoulaye Diop während eines Treffens des UN-Sicherheitsrats am Dienstag in New York.
Er wiederholte Vorwürfe, Frankreich verletze den malischen Luftraum und liefere Waffen an islamistische Terroristen. Zudem forderte er eine Sondersitzung des Sicherheitsrats, um „Beweise für die Heuchelei Frankreichs, für Spionageakte und Destabilisierungsmaßnahmen ans Licht zu bringen". Der französische Botschafter in den Vereinten Nationen wies die „verleumderischen" Anschuldigungen“ gegen sein Land kategorisch zurück
Für große Aufmerksamkeit hatte vor wenigen Wochen schon der Auftritt des malischen Ministerpräsidenten, Abdoulaye Maïga, in der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) gesorgt. In einem aggressiven Tonfall hatte er Frankreich eine „neokoloniale Politik vorgeworfen und die französische Regierung als „Junta“ bezeichnet. Die Kooperation mit Russland indes nannte er „beispielhaft und fruchtbar“.
Sicherheitslage in Mali verschärft sich
Eine Einheit des malischen Militärs hatte im August 2020 nach zwei Putschen die Macht in dem Sahel-Staat übernommen. Seitdem hat sich das Verhältnis zu Frankreich, das die gestürzte vorige Regierung im Anti-Terror-Kampf unterstützt hatte, immer mehr verschlechtert. Frankreich hat seine Truppen mittlerweile aus Mali abgezogen und einen großen Teil nach Niger verlegt.
Die Sicherheitslage verschärft sich derweil noch weiter. Zwar unterstützen russische Soldaten und Söldner der Wagner-Gruppe die nationale Armee, aber nur punktuell in bestimmten Gegenden. Vorwürfe von schweren Menschenrechtsverletzungen häufen sich. Sahel-Fachleute sehen außerdem mit Sorge, dass Terroristen und andere bewaffnete Banden weiter vordringen, auch in die bisher relativ stabilen Küstenregionen.
Anfang der Woche wurden vier Blauhelme der UN-Friedensmission MINUSMA getötet und zwei verletzt, als ihr Fahrzeug im Norden Malis auf einen Sprengkörper fuhr. Nach Angaben von MINUSMA waren sie auf einer Patrouille in der Region Kidal unterwegs, um Landminen aufzuspüren. Die getöteten Soldaten stammten aus Tschad. Sie gehörten zu den vielen malischen, internationalen und UN-Soldaten sowie unzähligen Zivilisten, die in den gemeinsamen Bemühungen um Frieden den höchsten Preis gezahlt hätten, sagte MINUSMA-Chef El-Ghassim Wane in New York. Er erinnerte daran, dass die internationale Gemeinschaft und die Malier nur „gemeinsam diesen Kampf“ gewinnen könnten.
Die Vereinten Nationen böten den besten Rahmen, um einen dauerhaften Frieden in Mali und im gesamten Sahel zu erreichen, auch wenn sie auf die Friedenssicherung beschränkt seien. Mali sei auf dem Weg, zu einer zivilen Regierung zurückzukehren, sagte Wane weiter. Die Übergangsregierung habe ein Verfassungsreferendum im März 2023 angekündigt. Ein Jahr danach sollen demokratische Wahlen stattfinden. Ihr Erfolg hänge aber von vielen Faktoren wie der Sicherheit sowie von den finanziellen und logistischen Möglichkeiten ab.
Im Juni verlängerte der UN-Sicherheitsrat das MINUSMA-Mandat um ein Jahr bis zum 30. Juni 2023, jedoch zum ersten Mal ohne die Luftunterstützung Frankreichs. Derzeit gehören zu der Mission rund 13.000 militärische Einsatzkräfte und 1900 Polizisten. Die meisten Soldaten stellen Tschad, Bangladesch, Ägypten, Senegal und Niger. Deutschland hat 535 militärische Kräfte entsandt. Die Mission gilt als die gefährlichste derzeit. Seit ihrem Start 2013 wurden 281 Angehörige der MINUSMA-Mission getötet.
Der malische Außenminister sagte, es bestehe keine Absicht die Bewegungen der MINUSMA einzuschränken. Aus malischer Sicht habe eine „Neuausrichtung“ Priorität. Die Friedenstruppen sollten die eigenen Truppen unterstützen, um die staatliche Autorität im gesamten Hoheitsgebiet wiederherzustellen.