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Silvesternacht : Festnahmen nach sexuellen Übergriffen vor dem Mailänder Dom

Tatort: Der Mailänder Domplatz. Hier wurden in der Silvesternacht etliche Frauen von Jugendlichen begrabscht und beraubt. Bild: dpa

In der Silvesternacht wurden auf dem Mailänder Domplatz etliche Frauen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund angegriffen. In italienischen Medien wurden die Vorfälle mit jenen auf der Domplatte in Köln verglichen.

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          Fast zwei Wochen nach den sexuellen Übergriffen während der Silvesternacht in Mailand haben die italienischen Behörden am Mittwoch die Festnahme zweier Verdächtiger bekannt gegeben. Nach bisherigen Ermittlungen kam es bei den Silvesterfeiern auf der beliebten Piazza del Duomo zu drei unterschiedlichen und jeweils offenbar koordinierten „Gewalt-Episoden“ gegen Frauen durch Männergruppen. Die Vorfälle wurden in der italienischen Berichterstattung mit jenen auf der Kölner Domplatte in der Silvesternacht 2015 verglichen. Die Frauen in Mailand wurden angegriffen, begrapscht und bestohlen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen „schwerer sexueller Gewalttaten“ und gemeinschaftlichen Diebstahls von Mobiltelefonen und Handtaschen.

          Matthias Rüb
          Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

          Bisher haben neun Frauen, unter ihnen zwei 20 Jahre alte Studentinnen aus Mannheim, Anzeige wegen der sexuellen Übergriffe und Eigentumsdelikten erstattet. Zunächst hatten sich die Regierung in Rom und das Rathaus in Mailand nicht zu den Vorfällen vom Jahreswechsel geäußert. Angesichts der fortgesetzten Berichterstattung auch in überregionalen Medien verurteilte Innenministerin Luciana Lamorgese dann am 7. Januar die Vorfälle als „sehr schwerwiegend“. Sie äußerte die Hoffnung, die Ermittler würden die Verantwortlichen „baldmöglichst der Justiz zuführen“. Der Mailänder Bürgermeister Beppe Sala sprach von Vorgängen, die „unserer Stadt nicht würdig sind“. Man werde „die Bande, die für die Übergriffe verantwortlich ist“, dingfest machen, versprach der Politiker von der Grünenpartei Europa Verde.

          Ermittlungen gegen 18 Jugendliche

          Nach Angaben des Mailänder Staatsanwalts Riccardo Targetti handelt es sich bei den beiden festgenommenen Männern im Alter von 18 und 21 Jahren aus Turin und Mailand um „Italiener der zweiten Generation“, also um im Land geborene Söhne von Einwandererfamilien. Wie die Behörden mitteilten, wird gegen insgesamt 18 Jugendliche und junge Männer im Alter zwischen 15 und 21 Jahren ermittelt. Nach übereinstimmenden Berichten italienischer Medien handelt es sich um zehn Söhne maghrebinischer Migrantenfamilien sowie um acht Ausländer mit ägyptischer und marokkanischer Staatsangehörigkeit.

          Bei Hausdurchsuchungen in Mailand und Turin wurden am Dienstag die Kleiderschränke der Verdächtigen durchsucht. Dabei wurden Kleidungsstücke sichergestellt, welche die mutmaßlichen Täter in der Silvesternacht getragen haben sollen. Außerdem wurden Mobiltelefone beschlagnahmt, auf welchen die mutmaßlichen Angreifer ihre Gewalttaten dokumentiert und über soziale Medien verbreitet haben sollen.

          Auf einem von italienischen Medien verbreiteten Handyvideo eines Augenzeugen sind offenbar die beiden Frauen aus Deutschland zu erkennen, die sich verzweifelt gegen die Angreifer zur Wehr zu setzen versuchen, während sie von den grölenden jungen Männern eingekreist und an das Absperrgitter gedrängt werden. Die wenige Meter hinter den Absperrungen stehende Bereitschaftspolizei schreitet ungeachtet der Hilferufe der Frauen nicht ein. Erst nach Minuten können sich die beiden Deutschen in Sicherheit bringen.

          Der frühere Innenminister Matteo Salvini von der rechtsnationalen Lega nannte die Vorfälle „schwerwiegend, schäbig und inakzeptabel“. Salvinis Partei forderte im Stadtparlament von Mailand den Rücktritt des für öffentliche Ordnung zuständigen Stadtrates und kündigte einen Misstrauensantrag wegen unzureichender Sicherheitsvorkehrungen in der Silvesternacht an.

          Salvinis Lega und die anderen rechten Parteien werfen dem Mailänder Magistrat und dem Innenministerium vor, die Übergriffe erst nach langem Zögern verurteilt zu haben. „Möge das Jahr 2022 den Italienern weniger Straftäter, weniger Verbrechen, weniger Schiffsanlandungen illegaler Einwanderer, mehr Sicherheit und mehr Seelenfrieden bringen“, teilte Salvini ebenfalls am 7. Januar mit.

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