
Macrons Nuklearstrategie : Europa muss sich wappnen
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Emmanuel Macron will einen „strategischen Dialog“ mit interessierten europäischen Partnern. Bild: dpa
Der französische Präsident hat dem Atomwaffenarsenal seines Landes eine europäische Dimension zugeschrieben. Er hat recht, wenn er vor dem atomaren Wettrüsten warnt, das mit Ende des INF-Vertrages begonnen hat.
Die Grundsatzrede zur nuklearen Abschreckungsdoktrin zählt zu den Pflichtübungen jedes französischen Präsidenten. Als oberster Armeechef entscheidet er allein über den Einsatz von Atomwaffen. Daran will Emmanuel Macron nichts ändern, auch wenn er dem Atomwaffenarsenal eine europäische Dimension zugeschrieben hat. Es bleibt beim Spruch François Mitterrands, er verkörpere die Nukleardoktrin: „Abschreckung, c’est moi.“ Das hat einen Grund, der in der deutschen Debatte über eine mögliche Teilhabe an der französischen Atomstreitkraft untergegangen ist.
Im Ernstfall muss binnen weniger Minuten eine Entscheidung getroffen werden. Damit steht und fällt die Glaubwürdigkeit der Abschreckung. Gerade weil die Diskussion in Berlin über Frankreichs verteidigungspolitische Ziele viele Missverständnisse offenbart hat, sollte die Bundesregierung Macrons Angebot eines „strategischen Dialogs“ gründlich prüfen.
Nach Unterzeichnung des Elysée-Vertrages 1963 spaltete ein Streit die Atlantiker und die Gaullisten. Doch mehr als ein halbes Jahrhundert später ist dieser Disput überholt. Nato-Bündnistreue und europäische Verteidigungsstrategie schließen einander nicht aus, sondern können sich ergänzen. Der französische Präsident hat recht, wenn er vor dem atomaren Wettrüsten warnt, das mit Ende des INF-Vertrages begonnen hat. Europa kann nicht länger zuschauen, wie die Welt immer bedrohlicher wird. Es muss sich dagegen wappnen.