Frankreich : Macron stimmt Franzosen auf „radikal neuen Weg“ ein
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Macron hat sich das Schloss von Versailles ausgesucht, um den Franzosen die Grundlinien seiner Politik zu erklären. Bild: AP
Der französische Präsident hat seine erste große Grundsatzrede gehalten. Macron will den Ausnahmezustand im Herbst beenden und die politischen Institutionen umbauen – notfalls per Volksabstimmung.
In seiner ersten großen Grundsatzrede hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einen Umbau der politischen Institutionen des Landes angekündigt. Das Wahlrecht soll angepasst werden, um die verschiedenen politischen Strömungen des Landes besser in der Nationalversammlung abzubilden. Macron pochte vor beiden Kammern des Parlaments am Montag auf einen tiefgreifenden Wandel des Landes. Der Auftritt galt als eine Art Rede zur Lage der Nation, wie sie der amerikanische Präsident einmal im Jahr hält. Macron wollte dabei seine politischen Grundlinien für die vor ihm liegende Amtszeit vorstellen.
Er sei überzeugt, dass die Franzosen mit dem Erfolg seines Lagers bei der Präsidenten- und der Parlamentswahl „einen radikal neuen Weg“ verlangt hätten, sagte der Staatschef im Schloss von Versailles. Der Terrorismus sei nicht besiegt, das finanzielle Gleichgewicht Frankreichs beschädigt „und die Arbeitslosigkeit immer noch unerträglich“.
Am Dienstag soll Premierminister Edouard Philippe eine Regierungserklärung in der Nationalversammlung abgeben und dabei Details zur Umsetzung von Macrons Programm vorstellen. Macrons Rede vor dem „Kongress“ genannten Gesamt-Parlament war von Teilen der Opposition heftig kritisiert und als Zeichen eines zu großen Machtanspruchs gewertet worden. Erst seit einer Verfassungsänderung 2008 ist es den französischen Präsidenten überhaupt möglich, vor der Versammlung beider Parlamentskammern zu sprechen.
Einen besonderen Schwerpunkt legte Macron in seiner eineinhalbstündigen Rede auf den Umbau der demokratischen Institutionen. Innerhalb eines Jahres will er „eine Dosis“ Verhältniswahlrecht einführen und kleinen Parteien damit den Sprung ins Parlament erleichtern. Macron sprach sich zudem dafür aus, die Anzahl der Abgeordneten und Senatoren um ein Drittel zu verringern und die Anzahl der aufeinanderfolgenden Mandate der Parlamentarier zu begrenzen.
Ausnahmezustand soll im Herbst enden
Bei den Wahlen zur Nationalversammlung gilt in Frankreich bislang ein reines Mehrheitswahlrecht, das es für kleine Parteien sehr schwer macht, Sitze zu erringen. Macrons Lager hatte im Juni eine klare absolute Mehrheit der Sitze errungen, obwohl es im ersten Wahlgang nur 32,3 Prozent der Stimmen bekommen hatte. Falls nötig werde er für die Reform auch eine Volksabstimmung ansetzen, kündigte Macron an.
Der Präsident versicherte, dass der nach den Pariser Terroranschlägen verhängte Ausnahmezustand im Herbst auslaufen solle. „Ich werde die Freiheit der Franzosen wiederherstellen, durch Aufhebung des Aufnahmezustands im Herbst“, erklärte der 39 Jahre alte Politiker. Die Regierung hat gerade eine weitere Verlängerung bis zum 1. November vorgeschlagen – dies soll nun die letzte sein.
Macron versicherte, dass die bis dahin geplanten neuen Kompetenzen für die Anti-Terror-Behörden unter der Aufsicht von Richtern stünden. Das Parlament soll noch in dieser Woche über die Ausweitung beraten. Der Ausnahmezustand war nach der Terrornacht vom 13. November 2015 verhängt worden, als Islamisten in Paris und dem Vorort Saint-Denis insgesamt 130 Menschen ermordet hatten. Er war seitdem mehrfach vom Parlament verlängert worden.
Vor Macron hatten Präsidenten erst zweimal vor dem Kongress gesprochen: Nicolas Sarkozy 2009 und François Hollande nach den Pariser Terroranschlägen im November 2015. Macron kündigte nun an, künftig einmal im Jahr vor dem versammelten Parlament zu sprechen. Er war im Mai zum jüngsten französischen Präsidenten aller Zeiten gewählt worden. Gut einen Monat später hatte sein Lager im Juni eine klare absolute Mehrheit in der Nationalversammlung errungen.