Franzosen und Franken : Macron setzt auf Söder
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Der bayrische Ministerpräsident Markus Söder und der französische Präsident Emmanuel Macron im Februar 2020 bei einem Treffen am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. Bild: dpa
Emmanuel Macron und Markus Söder sind zu einem Videogespräch verabredet. Es soll um ein europäisches Rüstungsprojekt gehen, das für Bayern wichtig ist. Die beiden wissen sich zu schätzen.
Emmanuel Macron sucht den Austausch mit Markus Söder, dessen gute Umfragewerte er von Paris aus genau verfolgt. Kurz vor seinen Beratungen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und Außenminister Heiko Maas zum deutsch-französischen Verteidigungsrat hat sich der französische Präsident an diesem Freitagvormittag zu einem Videogespräch mit dem bayrischen Ministerpräsidenten verabredet. Die Initiative ging von Macron aus.

Politischer Korrespondent in München.

Politische Korrespondentin mit Sitz in Paris.
Am liebsten hätte man sich im Élysée-Palast getroffen, doch die Pandemie lasse Präsenztermine leider nicht zu, hieß es in Paris. Im Vordergrund des Gesprächs sollen die Planungen zum Kampfflugzeugsystem FCAS (Future Combat Air System) stehen, die für den Rüstungsstandort Bayern entscheidend sind. Macron will um Unterstützung dafür werben, dass der Bundestag im März der weiteren Finanzierung des europäischen Schlüsselprojekts zustimmt. Die langwierigen Entscheidungsstrukturen im Haushaltsausschuss des Bundestags sind dem Franzosen fremd und zunehmend ein Ärgernis. In Ministerpräsident Söder hofft er einen Verbündeten für ein beherztes Vorgehen zu finden.
Auch wenn es am Donnerstag in München hieß, es werde bei dem Gespräch vor allem um die Corona-Pandemie, die Lage in Europa und die bayerisch-französische Zusammenarbeit gehen, dürfte Macron mit seinem Anliegen bei dem Franken auf offene Ohren stoßen. Im Airbus-Werk in Manching bei Ingolstadt arbeiten bereits 100 Mitarbeiter an den Entwicklungen für das Kampfflugzeugsystem, in den nächsten Jahren könnten es mehr als 1000 werden. Auch für den Triebwerksbauer MTU in München ist das Projekt von großer Bedeutung.
Macrons Gleichgesinnter in München
Aber Macron hat auch die symbolische Wirkung seines Gesprächs mit dem möglichen Kanzlerkandidaten im Sinn. In Paris hat man mit Interesse Söders Rolle in der Gesundheitskrise verfolgt. Die Bilder der bayrischen Kabinettssitzung mit der Bundeskanzlerin auf Schloss Herrenchiemsee mögen in nördlicheren Regionen Deutschlands für manchen Spott gesorgt haben – Macron bestärkten sie in seinem Eindruck, dass er in Söder einen Gleichgesinnten gefunden haben könnte. Sogar über Söders Welpenfoto („Hundedame Molly“) lag ein Hauch von Déjà-vu, hatte er doch selbst Findlingshund Nemo in seinem neuen Zuhause im Élysée-Palast in Szene gesetzt.
Söder war in seiner politischen Laufbahn bisher nicht als übermäßig frankophil aufgefallen, sieht man mal von Unter-, Mittel- und Oberfranken ab. Aber es wäre ja nicht das erste Mal, dass er neue Seiten an sich selbst entdeckt. Als Macron im Dezember an Covid-19 erkrankte, schrieb ihm Söder, eigentlich Lateiner, auf Französisch Genesungswünsche: „Bon rétablissement, Emmanuel!“
Auch dass Söder im Unterschied zu Sebastian Kurz für eine Schließung der Skigebiete plädierte, wusste Macron zu schätzen. Schon beim Besuch Macrons bei der Münchner Sicherheitskonferenz Mitte Februar 2020 hatte der Franzose bei einem längeren Gespräch im Bayerischen Hof Sympathien für den zehn Jahre älteren Bayern entdeckt. Das beruhte auf Gegenseitigkeit. Aus Söders Umfeld verlautete damals, man funke „auf derselben Wellenlänge“ und habe „dasselbe moderne Politikverständnis“.
In den Bereichen Künstliche Intelligenz, Klimaschutz und Digitalwirtschaft wolle man noch enger zusammenarbeiten, vereinbarte man damals. Der Chef der bayrischen Staatskanzlei, Florian Herrmann, fasste die Pläne in einem Grundsatzpapier unter der Überschrift „Bayern und Frankreich – Gemeinsam in die Zukunft“ zusammen. Es wurde im vergangenen Sommer in französischer Sprache vom Thinktank Ifri verbreitet.