Der französische Präsident Emmanuel Macron (dritte von links) und Außenminister Jean-Yves Le Drian (rechts daneben) treffen in Beirut französische Militärangehörige, die mobilisiert wurden, um beim Wiederaufbau des Hafens zu helfen. Bild: dpa
Die libanesischen Politiker reagierten zuletzt verschnupft auf die scharfen Töne aus Paris. Bei Macrons zweitem Besuch binnen vier Wochen zeigen sie guten Willen. Und der französische Präsident widerspricht Berichten über Sanktionsdrohungen.
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Als Schrittmacher, nicht als Zuchtmeister ist Emmanuel Macron nach einem langen Verhandlungsmarathon mit den politisch Verantwortlichen in Beirut vor die Presse getreten. Der französische Präsident stellte klare Bedingungen für seine Hilfe: „Binnen zwei Wochen“ müsse die neue Regierung in Beirut stehen, sagte er. Augenzwinkernd fügte er hinzu, dass dies für libanesische Verhältnisse eine knappe Frist sei, denn oftmals sei mehr als ein halbes Jahr verstrichen, bis Einigkeit über die Kabinettsliste herrschte.

Korrespondent für die arabischen Länder mit Sitz in Beirut.

Politische Korrespondentin mit Sitz in Paris.
Um sich unverzüglich der Reformagenda zu widmen, müsse die Regierung nicht wieder mit jenen besetzt werden, „die seit Jahrzehnten Reformen ausgesessen, verschleppt oder erstickt“ haben, betonte Macron. „Wenn die Ministerposten wieder mit den gleichen Leuten besetzt werden, dann gibt es wenig Aussichten auf Veränderung“, sagte er.
Er stelle keinen „Blankoscheck“ aus, sondern erwarte jetzt ein entschlossenes Handeln von den politisch Verantwortlichen in Beirut. „Ich bin nicht gekommen, um jemanden einzusetzen oder ihm meinen Segen zu geben“, fügte der Franzose hinzu.
Eine erste Zwischenbilanz soll bereits in sechs Wochen bei einer internationalen Hilfskonferenz für den Libanon gezogen werden, die Macron „in der zweiten Oktoberhälfte“ in Paris auszurichten versprach. Hilfszahlungen könnten aber nur fließen, wenn erste Reformschritte im Bankwesen, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und im Energiesektor erfolgt seien.
Macron: Libanon soll nicht bestraft werden
Entrüstet zeigte sich der französische Präsident über Presseberichte zu französischen Sanktionsdrohungen. Dies entspreche nicht seiner Demarche. In der jetzigen Phase gehe es darum, den libanesischen Reformprozess anzustoßen, nicht mit Sanktionen zu drohen. Wenn überhaupt, dann agiere Frankreich in diesem Fall innerhalb der EU und stimme sich mit seinen Partnern ab. Aber der Libanon solle nicht bestraft, sondern ihm solle geholfen werden.
„Ich vertraue jetzt erst einmal“, sagte Macron und zitierte den französischen Philosophen Emmanuel Levinas: „Vertrauen ist immer das Problem des anderen.“ Wenn allerdings Ende Oktober keinerlei Reformanstrengungen zu erkennen seien, dann müssten die Konsequenzen daraus gezogen werden.
Gespräche wie im Beichtstuhl
In die libanesische Debatte über den Wahltermin wollte er sich nicht einmischen. Macron sagte, der Wahlkalender dürfe keine Vorbedingung für die Reformagenda sein. Darauf hätte er sich mit jedem der Repräsentanten der neun politischen Kräfte geeinigt.
In der Residenz des französischen Botschafters wandte der Franzose dabei das „Beichtverfahren“ an, das er von schwierigen EU-Verhandlungen kennt. Nach Verhandlungen in der großen Runde knöpfte er sich jeden Politiker einzeln vor – wie im Beichtstuhl. Deshalb zogen sich die Gespräche bis in den späten Abend hin.
Die Libanon-Politik steht für den Willen Frankreichs, sich im Nahen und Mittleren Osten aufgrund des amerikanischen Rückzugs wieder stärker zu engagieren und an alte Verbindungen anzuknüpfen. Das verdeutlicht auch der Umstand, dass Macron am Mittwoch in Bagdad eintraf, wo er mit dem irakischen Präsidenten und Ministerpräsidenten zusammenkommen wollte. Frankreich will die Kooperation mit dem Irak verbessern, vor allem mit Blick auf gemeinsame Sicherheitsinteressen.