Libanon : Deutsche Diplomatin bei Explosion in Beirut getötet
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Der Hafen von Beirut ist vollständig zerstört. Bild: EPA
Bei der verheerenden Explosion in der libanesischen Hauptstadt Beirut ist auch eine Mitarbeiterin der deutschen Botschaft getötet worden. Außenminister Maas zeigte sich bestürzt: „Unsere schlimmste Befürchtung hat sich bestätigt.“
Bei der verheerenden Explosion in Beirut ist eine Mitarbeiterin der deutschen Botschaft ums Leben gekommen. Außenminister Heiko Maas (SPD) erklärte am Donnerstag in Berlin: „Unsere schlimmste Befürchtung hat sich bestätigt. Eine Angehörige unserer Botschaft in Beirut ist durch die Folgen der Explosion in ihrer Wohnung ums Leben gekommen.“
Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Auswärtigen Amts seien in tiefer Trauer um die Kollegin. „Allen, die wie unsere verstorbene Kollegin jeden Tag auf der ganzen Welt im Dienst für unser Land große persönliche Risiken eingehen, gilt mein Dank.“
Besitzer des Frachtschiffes weist Verantwortung von sich
Unterdessen wies der frühere Besitzer eines Frachtschiffes die Verantwortung für die Explosionen von sich. Sein unter moldauischer Flagge fahrendes Schiff „Rhosus“ soll größere Mengen Ammoniumnitrat in den Libanon gebracht haben, das ersten Vermutungen nach für die Explosion am Hafen verantwortlich sein könnte. Die Behörden des Landes hätten der Besatzung im November 2013 die Weiterfahrt verboten und die Ladung beschlagnahmt, da sie als gefährlich eingestuft worden sei, sagte der russische Geschäftsmann Igor Gretschuschkin der Zeitung „Iswestija“.
Nach seiner Darstellung begründete der Libanon damals seine Entscheidung mit fehlenden Dokumenten. Außerdem hätten die Behörden Bedenken wegen der Transportbedingungen des gefährlichen Stoffes gehabt, sagte er. Weil das Schiff nicht habe weiterfahren dürfen, sei sein Geschäft lahmgelegt gewesen. Er habe eine Strafe zahlen müssen und sei deshalb bankrottgegangen, sagte der Geschäftsmann. Er wisse nicht, wer danach für die „Rhosus“ verantwortlich gewesen sei.
Das Frachtschiff war von Georgien nach Moçambique im Süden Afrika unterwegs. Der russische Kapitän Boris Prokoschew sagte der Zeitung, in Beirut habe zusätzliche Fracht abgeholt werden sollen. Weil die Hafensteuer nicht gezahlt worden sei, sei das Schiff festgesetzt worden. In anderen Berichten war auch die Rede davon, dass der Besatzung Treibstoff und Proviant ausgegangen seien. Alle Besatzungsmitglieder hätten das Land verlassen, sagte Prokoschew.
Außenminister droht Verantwortlichen
Nach Angaben der libanesischen Regierung wurden bei der Explosion am Dienstag mindesten 137 Menschen getötet, etwa 5000 wurden verletzt. Die genaue Ursache ist noch unklar. Sie steht nach unterschiedlichen Berichten in Verbindung mit großen Mengen Ammoniumnitrat, die jahrelang im Hafen ohne Sicherheitsvorkehrungen gelagert worden sein sollen. Die Substanz kann für Düngemittel oder zur Herstellung von Sprengstoff verwendet werden. Die libanesischen Behörden wollen die Hintergründe innerhalb weniger Tage aufklären. Die eingesetzte Untersuchungskommission habe „maximal vier Tage Zeit, einen detaillierten Bericht über die Verantwortlichkeiten vorzulegen", sagte der libanesische Außenminister Charbel Wehbe am Donnerstag im französischen Radiosender Europe 1. Die Verantwortlichen für dieses „schreckliche Verbrechen der Fahrlässigkeit" würden bestraft.
Der amerikanische Präsident Donald Trump hatte zunächst spekuliert, es habe sich um einen Anschlag gehandelt, diese Äußerungen aber später revidiert. Wehbe ging nun von einem Unfall aus. „Vorläufige Berichte deuten darauf hin, dass eine falsche Handhabe von explosiven Produkten dahinter steckt", sagte er. „Eine sehr schwere Fahrlässigkeit, die seit sechs Jahren andauert." Am Mittwoch hatte die libanesische Regierung den Hausarrest der Verantwortlichen für die Lagerung des Ammoniumnitrats gefordert. Ihnen werde der Prozess gemacht, versicherte Wehbe.
WHO bringt Lebensmittel und Medikamente
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) brachte unterdessen zur Unterstützung der Verletzten 20 Tonnen Hilfsgüter in das Land. Damit könnten Hunderte Menschen mit Brand- und anderen Verletzungen versorgt werden, berichtete die WHO am Donnerstag. Das Material stamme aus einem Lager in Dubai. Auch ein Erkundungsteam der Bundeswehr flog nach Beirut. Die Maschine mit Experten des Sanitätswesens der Streitkräfte startete nach dpa-Informationen am späten Morgen auf dem Flughafen Köln/Wahn. Die Gruppe soll klären, wie die Bundeswehr jetzt helfen kann.
Die in Köln/Wahn stationierte „fliegende Intensivstation“ der Bundeswehr, ein Airbus A310 „MedEvac" für den Transport Schwerverletzter, wurde in erhöhte Einsatzbereitschaft versetzt. Darüber hinaus wurde ein schnell verlegbares Luftrettungszentrum des Sanitätsdienstes der Bundeswehr alarmiert. Die Korvette „Ludwigshafen am Rhein" nahm am Morgen von Zypern aus Kurs auf Beirut. Drei Krankenhäuser in Beirut seien so stark zerstört, dass in ihnen nicht mehr gearbeitet werden kann, zwei weitere seien bei der Explosion am Dienstag teils beschädigt worden, hieß es. Verletzte würden auf Krankenhäuser im ganzen Land verteilt. Viele Einrichtungen seien von der Zahl der Patienten überwältigt, so die WHO.
Die Folgen der Explosionen sind der Regierung zufolge ohne finanzielle Hilfe kaum zu bewältigen. „Die Kapazität des Staates ist sehr begrenzt, ebenso wie die der Zentralbank und der Banken", sagte Wirtschaftsminister Raoul Nehme am Donnerstag dem TV-Sender Sky News Arabia. Zwar liefen die Hilfen vieler Länder an, aber der Schaden belaufe sich auf mehrere Milliarden Dollar. Eine Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) sei der einzige Ausweg für den Libanon. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte dem libanesischen Ministerpräsidenten Hasan Diab in einem Telefonat 33 Millionen Euro Soforthilfe von der EU zu. Weitere Hilfsleistungen werde die EU-Kommission auf der Grundlage einer humanitären Bedarfsprüfung vor Ort in Erwägung ziehen, schieb die CDU-Politikerin am Donnerstag im Kurzbotschaftendienst Twitter.