Korruption in China : Sündhaft teure Vaterlandsliebe der Volksarmee
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Kampf gegen Korruption in der Armee: Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hat auch den Oberbefehl über das Militär Bild: AP
Gold, Geld und viele Kisten von Schnaps in einer Luxusvilla: Der Fall des Generals Gu Junshan ist Ausdruck von Dekadenz im chinesischen Militär. Partei- und Staatschef Xi Jinping greift nun durch. Der hohe General ist wegen Korruption angeklagt.
In China wird zum ersten Mal nach vielen Jahren ein hoher General der Volksbefreiungsarmee wegen Korruption angeklagt. General Gu Junshan, der stellvertretende Leiter der Logistik-Abteilung der Streitkräfte war, wird wegen Korruption, Machtmissbrauch, Bestechung und Unterschlagung von Staatsgeldern vor ein Militärgericht gestellt, berichtete die Nachrichtenagentur Xinhua.
Der General ist bereits seit 2012 von seinen Posten abgesetzt und aus der Öffentlichkeit verschwunden. Chinesische Zeitungen hatten im vergangenen Sommer berichtet, dass die Ermittler Gold, Geld und viele Kisten von Schnaps in einer Luxusvilla fanden, die Gu für sich und seine Familie in seiner Heimatstadt gebaut hatte.
Gu soll sich besonders an Geschäften mit Immobilien und Grundstücken der Volksbefreiungsarmee bereichert haben. In dem Fall wird nach Berichten aus Hongkonger Zeitungen auch das frühere Politbüro-Mitglied General Xu Caihou belastet, der als stellvertretende Leiter der Militärkommission der zweithöchste Führer der Volksbefreiungsarmee war. Er soll Gu gedeckt haben.
Dessen Vermögen wird auf mehrere hundert Millionen Yuan geschätzt, bei der „New York Times“ ist sogar von umgerechnet einigen Milliarden Dollar die Rede.
Xi Jinping spricht vom „Gu-Junshan-Phänomen“
General Gu Junshan hatte in der chinesischen Volksbefreiungsarmee die Entscheidungsgewalt über Bauprojekte sowie die Nutzung und Verpachtung von Militärgelände, und er tätigte für die Armee Einkäufe im großen Stil.
Sein Fall ist der bisher größte Korruptionsskandal in der Volksbefreiungsarmee. Er ist für die Partei besonders peinlich, weil die Armee offiziell als Modell von Vaterlandsliebe, Treue zur Partei und korrekten Verhaltens und Sauberkeit dargestellt wird. Tatsächlich aber hat in den chinesischen Streitkräften längst Korruption um sich gegriffen. Der Ärger über die Korruption im Militär ist in der Bevölkerung mindestens so groß wie der über die korrupten Funktionäre, denn das Militär hat immer noch viele Privilegien in China.
Bei seiner Kampagne gegen die weit verbreitete Käuflichkeit in Militär, Partei und Verwaltung spricht Partei- und Staatschef Xi Jinping auch vom „Gu-Junshan-Phänomen“. Der Fall diente als Warnung an alle Militärs, dass die Partei weitere strenge Maßnahmen gegen Korruption in den Reihen des Militärs plant.
Xi Jinping ist die Brisanz seiner Kampagne bewusst. In einer internen Rede kurz nach seinem Amtsantritt im November 2012 machte er als einen Grund für den Zusammenbruch der Sowjetunion aus, dass der damalige KP-Generalsekretär Michail Gorbatschow die Kontrolle über das Militär verloren hatte.
Parteichef nimmt die Generäle an die Kandare
Seine Konsequenz: Als er die Führung der Partei übernahm, beharrte er gleichzeitig auch auf den Oberbefehl über die Volksbefreiungsarmee. Die Machtfülle, die er von Beginn an hatte, nutzte er, um auch die Generäle an die Kandare zu nehmen. Zunächst gab er der Volksbefreiungsarmee eine neue Doktrin: Sie müsse einen Krieg führen und gewinnen können, die Kampfbereitschaft sei mithin zu erhöhen.
Unter Xi Jinping hat die Volksbefreiungsarmee erstmals auch Aufgaben, die über die Landesverteidigung und Sicherung der territorialen Integrität hinausgeht. Chinas Militär müsse der internationalen Stellung und den Entwicklungsinteressen des Landes dienen, heißt es im Verteidigungs-Weißbuch.
Mit einigen populären Maßnahmen versucht er, das schlechte Ansehen der Streitkräfte zu verbessern. Er hielt die Offiziere zu sparsamem Lebensstil an und verbat ihnen, Luxusautos mit Militärkennzeichen zu fahren.
Auch oberster Sicherheitschef mit Milliarden-Vermögen
Chinas Kampf gegen die Korruption zieht dennoch immer weitere Kreise - in hohen Kreisen. Auch der jüngste Fall des obersten Sicherheitschef in der Volksrepublik, dem wichtigsten Machtgremium im Land, ist spektakulär. Bei Zhou Yongkang, einem Mitglied im Ständigen Ausschuss des Politbüros, wurden zuletzt sage und schreibe 90 Milliarden Yuan (11 Milliarden Euro) an fragwürdigem Vermögen eingezogen. Sichergestellt wurde es nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters bei Verwandten und Geschäftspartnern von Zhou Yongkang sichergestellt.
Den Angaben zufolge haben die Ermittler Bankguthaben über 37 Milliarden Yuan sowie Depots mit Aktien und Anleihen im Volumen von 51 Milliarden Yuan eingefroren. Es seien Häuser in Peking, Schanghai und in fünf Provinzen durchsucht worden. Die Behörden hätten 300 Villen und Wohnungen im Wert von 1,7 Milliarden Yuan konfisziert, des weiteren Antiquitäten und Gemälde für eine Milliarde Yuan, 60 Autos, Schmuck, Bargeld und teure Spirituosen.
Der Fall sprengt alle bekannten finanziellen und politischen Dimensionen und weitet sich immer deutlicher zum größten Korruptionsskandal seit der Revolution von 1949 aus. Nie zuvor ist gegen einen Angehörigen des innersten Führungszirkels ermittelt worden.