Bolsonaro und die Narrenfreiheit
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Begnadigt: Daniel Silveira Bild: AFP
Zum ersten Mal seit 1945 hat ein brasilianischer Präsident eine persönliche Begnadigung ausgesprochen. Der Begünstigte hatte Richter verleumdet. Bolsonaro untergräbt mit seiner Entscheidung die Glaubwürdigkeit der Justiz.
Brasilien liebt den Karneval so sehr, dass es ihn in diesem Jahr nach Ostern feiert. In Rio de Janeiro und São Paulo defilierten am Wochenende die Sambaschulen, in den beiden Metropolen ging es rund. Rund geht es auch in der Hauptstadt Brasília, wo fernab des Karnevals eine viel ernstere Diskussion über die „Narrenfreiheit“ und deren Grenzen entbrannt ist. Präsident Jair Bolsonaro nutzte nämlich ein Gerichtsurteil, um sich wieder mit dem Verfassungsgericht anzulegen und eine weitere institutionelle Krise auszulösen. Am Donnerstag sprach er als erster Präsident seit 1945 eine persönliche Begnadigung aus. Bei der Person handelt es sich um den Abgeordneten Daniel Silveira aus den politischen Reihen Bolsonaros.
Tags zuvor hatte das Verfassungsgericht Silveira zu mehr als acht Jahren Haft verurteilt. Der frühere Polizist und Kampfsportler wurde im vergangenen Jahr nach Demonstrationen gegen das Verfassungsgericht und den Kongress sowie wegen der Verherrlichung der Militärdiktatur unter dem Vorwurf angeklagt, die Bevölkerung gegen die Demokratie aufzuwiegeln. Unter anderem rief er auch zum Sturm auf den Sitz des Verfassungsgerichts auf. Nach der Veröffentlichung eines Videos, in dem er verschiedene Verfassungsrichter bedrohte, wurde Silveira im Februar vergangenen Jahres festgenommen. Die Einschüchterung von Richtern wird als Eingriff in das freie Handeln einer Staatsgewalt ausgelegt. Bei der Polizei hat der Abgeordnete schon ein Register von mehr als sechzig Disziplinarverfahren.
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