Ehrung in New York : Kissinger-Preis an Bundespräsident Steinmeier verliehen
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Im prunkvollen Metropolitan Club: Frank-Walter Steinmeier und die frühere amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice Bild: AP
In New York erinnert der Bundespräsidenten während einer Preisverleihung an den Wert der NATO. Steinmeier spricht auch über den Epochenbruch in Europa und die Lehren für Deutschland.
Als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Mittwochabend im prunkvollen Metropolitan Club an der Fifth Avenue in New York der Henry-Kissinger-Preis verliehen wurde, durfte der Namensgeber der Auszeichnung der American Academy nicht erscheinen. Der 99 Jahre alte frühere amerikanische Außenminister erholt sich gerade von einer Covid-Infektion und gratulierte per Videobotschaft. Condoleezza Rice, Steinmeiers Außenministerkollegin in dessen erster Amtszeit, nannte den Deutschen eine große Führungspersönlichkeit, der die Autorität seines Amtes nutze, um an die Verpflichtung der westlichen Werte zu erinnern.
Sie würdigte Steinmeiers Engagements für die Demokratie und die transatlantischen Beziehungen. Sie habe stets seine Fähigkeiten als Diplomat bewundert, sagte sie, was zuweilen auch bedeutet habe, bis spät in die Nacht darüber zu verhandeln, an welcher Stelle das Komma gesetzt werde. Augenzwinkernd fügte sie hinzu, auch wenn es schockierend sei, beide seien nicht immer einer Meinung gewesen. Konkreter wurde sie nicht. Sowohl der Irak-Krieg als auch die Kontroverse über einen NATO-Beitritt Georgiens belastete das deutsch-amerikanische Verhältnis während der Präsidentschaft George W. Bushs. Rice hob hervor, immer habe zwischen Steinmeier und ihr ein Vertrauensverhältnis bestanden.
Krieg gegen die Ukraine ein „Epochenbruch“
Wie Rice erinnerte Steinmeier daran, dass die Preisverleihung „in schweren, ja in gefährlichen Zeiten“ stattfinde. Der 24. Februar, als Russland die Ukraine angriff, sei ein „Epochenbruch“ gewesen. Das Datum markiere den Einbruch des Krieges nach Europa – „und damit auch das Scheitern jahrzehntelanger politischer Bemühungen, auch meiner eigenen Bemühungen, genau diesen Krieg zu verhindern und Russland fester einzubinden in eine europäische Sicherheitsarchitektur“. Offenbar hat man im Präsidialamt in Berlin überlegt, ob eine solche Preisverleihung in die Zeit passt. Dass Steinmeier nach New York gekommen ist, ist auch ein Zeichen dafür, dass er sich nicht verstecken, sondern die Probleme offen ansprechen will. Der Bundespräsident hatte schon im Frühjahr gesagt, sein Festhalten an Nord Stream 2 sei eindeutig ein Fehler gewesen.
Steinmeier hob hervor, der 24. Februar markiere auch einen entscheidenden Moment für das transatlantische Bündnis und einen Moment der Rückbesinnung auf die existenzielle Bedeutung einer starken und geschlossenen NATO. Die Lehre, einseitige Abhängigkeiten zu verringern, beschränke sich nicht auf das Verhältnis zu Russland. Sie gelte auch und erst Recht für das Verhältnis zu China. Peking folge unter Xi Jinping einer bedrohlichen Philosophie: China unabhängig machen von der Welt, und die Welt abhängig machen von China. Dagegen müsse man sich schützen.
Auch zum Zustand der liberalen Demokratien und der Polarisierung in vielen westlichen Gesellschaften nahm Steinmeier Stellung. Mit Blick auf Amerika sagte er, er vertraue auf das System der „checks and balances“. Gefährdungen könnten aber nur aufgehalten werden, wenn die Parteien sich wieder als Wettbewerber in der politischen Willensbildung verstünden – und nicht als „Feinde in einem Meinungskrieg“. Es sei nicht Ausdruck europäischer Überheblichkeit, eher von Sorge, wenn er sage: Eine Erschütterung der amerikanischen Demokratie bliebe nicht auf die USA beschränkt. Sie träfe auch Deutschland und Europa.