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Netanjahu in Amerika : Keine Annäherung in Sicht

Die Beziehung zwischen Obama und Netanjahu gilt als beschädigt. Bild: Reuters

Das erste Treffen von Obama und Netanjahu nach einem Jahr Funkstille wird vom Streit um Netanjahus neuen Medienberater überschattet. Der hatte Obama und seinen Außenminister Kerry auf Facebook wüst beleidigt.

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          Barack Obama und Benjamin Netanjahu sind sich lange aus dem Weg gegangen. Nach einem Jahr treffen sich an diesem Montag der amerikanische Präsident und der israelische Ministerpräsident wieder im Weißen Haus: Beide Seiten wollen endlich ihren Streit über das Atomabkommen mit Iran hinter sich lassen, das Netanjahu bekämpft hatte.

          Hans-Christian Rößler
          Politischer Korrespondent für die Iberische Halbinsel und den Maghreb mit Sitz in Madrid.

          Obama will deutlich machen, dass er ein verlässlicher Verbündeter Israels ist, dessen Sicherheit ihm am Herzen liegt. Laut Presseberichten wird darüber verhandelt, die jährliche Militärhilfe von drei auf bis zu fünf Milliarden Dollar zu erhöhen. Aber noch vor Netanjahus Abflug wurde die vorsichtige Annäherung auf eine neue diplomatische Probe gestellt.

          Am Mittwoch hatte der israelische Regierungschef Ran Baratz zu seinem wichtigsten Medienberater ernannt. Baratz soll dabei helfen, im Ausland die Politik Israels verständlicher zu machen. Noch bevor der 42 Jahre alte promovierte Philosoph, der in einer Siedlung im Westjordanland lebt, seinen Posten antreten konnte, sorgte die Personalie in Washington für Unmut.

          Treffen mit Obama : Netanjahu zu Besuch in Washington

          „Mentale Reife eines Zwölfjährigen“

          Denn Baratz hatte Präsident Barack Obama auf seiner Facebook-Seite „modernen Antisemitismus“ vorgehalten, nachdem Obama im März Netanjahus Iran-Rede vor dem Kongress in Washington kritisiert hatte. Außenminister John Kerry hatte er in der Vergangenheit die „mentale Reife eines Zwölfjährigen“ attestiert. Dessen außenpolitische Visionen würden einer „Miss America“ zur Ehre gereichen. Kerry rief nach dem Bekanntwerden der früheren Äußerungen des neuen Medienberaters Netanjahu an. Diese seien „beunruhigend und beleidigend“, sagte Kerrys Sprecher danach. Von seinem engsten Verbündeten erwarte man mehr Respekt.

          Ran Baratz, Netanjahus neuer und womöglich alter Medienberater
          Ran Baratz, Netanjahus neuer und womöglich alter Medienberater : Bild: Reuters

          Netanjahu zeigte sich überrascht. Er habe „gerade erst“ gelesen, was sein neuer Berater im Internet geschrieben habe, teilte sein Büro mit. Das sei „völlig inakzeptabel“ und habe nichts mit der Position der Regierung zu tun. Baratz habe sich entschuldigt und um ein klärendes Gespräch nach Netanjahus Rückkehr aus Amerika gebeten. Ursprünglich hatte es geheißen, der neue Berater werde den Regierungschef nach Washington begleiten. Jetzt will sich Netanjahu im Lauf der Woche noch einmal mit der Personalie „befassen“, die auch in Israel empörte Reaktionen hervorrief.

          Denn Baratz hatte auch den israelischen Staatspräsidenten beleidigt. Er hatte Reuven Rivlin in der Vergangenheit als „krank“ bezeichnet und ihn einen „Esel“ genannt. Als Rechtsextremisten damit drohten, den Präsidenten zu ermorden, schrieb er, Rivlin sei viel zu unbedeutend, er habe nichts fürchten.

          Rechte Politiker bringen Netanjahu in Bedrängnis

          Jemand, der nicht erst nachdenke, wenn er sich über staatliche Symbole äußere, verdiene es nicht, diesen Staat zu vertreten, sagte Sozialminister Haim Katz, der der Likud-Partei angehört. Katz und eine weitere Likud-Ministerin sowie die - von Baratz ebenfalls beleidigte Schas-Partei - kündigten an, im Kabinett der Personalie nicht zuzustimmen.

          Seit der Wahl im März hatte Netanjahu mehrere Likud-Mitglieder vom rechten Rand seiner Partei befördert, die ihn danach in Bedrängnis brachten. So hatte die den Siedlern nahestehende stellvertretende Außenministerin Zipi Hotovely Ende Oktober gesagt, sie träume davon, dass auf dem Jerusalemer Tempelberg, wo mit der Al-Aqsa-Moschee eines der wichtigsten muslimischen Heiligtümer steht, die israelische Flagge wehe.

          Im Sommer hatte Netanjahu Dany Danon zum israelischen UN-Botschafter ernannt. Der Likud-Falke ist ein erklärter Gegner eines unabhängigen Palästinenserstaats. Im August hatte Netanjahu zudem den früheren Vorsitzenden des Siedlerrates, Jescha Dany Dajan, zum israelischen Botschafter in Brasilien ernannt. Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff signalisierte bald ihre Ablehnung. Seit Monaten dauert diese diplomatische Hängepartie schon an.

          Nach erbittertem Streit geschiedenes Paar

          Nach Washington hat Netanjahu vor einiger Zeit statt eines erfahrenen Diplomaten seinen Vertrauten Ron Dermer entsandt. Dermer unterhält beste Beziehungen nur zu den oppositionellen Republikanern und jüdischen Lobbyorganisationen wie Aipac. Im Weißen Haus und im Außenministerium ist er jedoch zu einer Art „unerwünschten Person“ geworden, wie es in Jerusalem heißt, weshalb er auch in der jüngsten Affäre wenig ausrichten kann.

          In Israel herrschte am Wochenende große Skepsis, dass es Netanjahu und Obama gelingt, bei ihrer 16. Zusammenkunft ihre Beziehungskrise zu entschärfen. Die Zeitung „Maariv“ verglich ihr Verhältnis mit dem eines Paares, das sich nach einem erbitterten Streit getrennt hat. Nun treffe man sich nur noch, „um die finanzielle Seite der Scheidung zu regeln, und hofft, sich dann nie wieder zu sehen“.

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