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Katholische Kirche : Papst überrascht mit Wahl neuer Kardinäle

  • Aktualisiert am

Papst Franziskus am Sonntag auf dem Petersplatz in Rom Bild: Reuters

Zum zweiten Mal hat der Papst in seiner Amtszeit neue Kardinäle ernannt - und für große Überraschungen gesorgt. Von den als Favoriten gehandelten Kandidaten kürte Franziskus nur wenige zum Kardinal.

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          Am Sonntag hat Franziskus zum zweiten Mal in seiner Amtszeit neue Kardinäle benannt. Und noch mehr als beim ersten Mal hat er diesmal für große Überraschungen gesorgt: Statt Leiter prestigeträchtiger Bistümer oder vatikanischen Würdenträgern nimmt er am 14. Februar buchstäblich Bischöfe vom Ende der Welt in das höchste kirchliche Gremium auf.

          Soane Patita Paini Mafi etwa, Bischof von Tonga, einem Inselstaat im Pazifik mit gerade mal 14.000 Katholiken; den Erzbischof von Santiago auf den Kapverdischen Inseln, rund 500 Kilometer vor der Küste Westafrikas gelegen, oder den Bischof einer völlig unbekannten Provinzstadt namens David in Panama. Von den Kandidaten, die Beobachter vorher gehandelt hatten, fand sich hingegen kaum einer auf der Liste wieder, die der Papst nach seinem Angelus-Gebet verlas.

          Minimalprogramm für Anwärter aus dem Vatikan

          Für den Vatikan beschränkte sich Franziskus auf das miminale Pflichtprogramm: Nur Erzbischof Dominique Mamberti, der seit November den obersten Gerichtshof der katholischen Kirche leitet, erhält den Kardinalshut. Andere traditionelle Anwärter, etwa der „Archivar und Bibliothekar der Heiligen Römischen Kirche“, Erzbischof Jean-Louis Brugues, gehen leer aus. Leiter des vatikanischen Geheimarchivs und der Bibliothek erhielten bislang traditionell den Kardinalsrang. Doch schon bei den Kardinalsernennungen im Februar 2014 war Franziskus offenbar der Auffassung, dass der Kardinalshut für einen Archivar nicht oberste Priorität habe.

          Auch in Italien bedachte der Papst nicht die prestigeträchtigen Bischofsstühle und traditionellen Anwärter in Turin oder Venedig, sondern zwei Bischöfe aus der sogenannten zweiten Reihe: Francesco Montenegro und Edoardo Menichelli. Montenenegro steht allerdings dort in der ersten Reihe, wo es um Flüchtlinge geht. Zu seinem Erzbistum auf Sizilien gehört auch die Mittelmeerinsel Lampedusa, die Franziskus im Juli 2013 besuchte. Zudem leitet Montenegro in der Italienischen Bischofskonferenz die Migrationskommission.

          Ein Deutscher darf künftig den Kardinalshut tragen

          Überraschend auch die Nominierung eines Deutschen: Unter den fünf Kardinälen, die der Papst aufgrund ihrer besonderen Verdienste um die Kirche ernennt, ist auch Karl Josef Rauber (80), der viele Jahre als Diplomat des Heiligen Stuhls wirkte. Der gebürtige Nürnberger war unter anderem Vatikanbotschafter in Belgien und Luxemburg sowie Leiter der päpstlichen Diplomatenakademie. Bemerkenswert war auch, dass der Papst nicht wie üblich wissenschaftliche Theologen jenseits der 80 Jahre in den Kardinalsrang erhob. Stattdessen betonte er, dass es sich um Kirchenmänner handele, die sich durch ihr seelsorgerisches Engamgent auszeichneten.

          Franziskus nimmt fünf Bischöfe aus Südostasien und Ozeanien, aber keinen US-Amerikaner ins Kardinalskollegium auf. Damit macht er ein halbes Jahr nach seiner Südkorea-Reise einmal mehr deutlich, dass Asien einen geografischen Schwerpunkt seines Pontifikates bildet. Ein besonderes Zeichen der Solidarität mit den bedrängten und oft vergessenen Christen in Myanmar setzt er durch die Aufnahme des Erzbischofs von Rangun ins Kardinalskollegium, Charles Maung Bo.

          Erzbischof von Philadelphia geht leer aus

          Beobachter hatten damit gerechnet, dass Franziskus zumindest den Erzbischof von Philadelphia, Charles Joseph Chaput, benennen würde. Philadelphia ist ein traditioneller Kardinalssitz; zudem ist Chaput Gastgeber des Weltfamilientags im September, den der Papst besuchen will. Aus Lateinamerika benannte Franziskus diesmal mit drei wahlberechtigten Kardinälen nicht auffallend viele; nur bei über 80-Jährigen sind sie mit drei von fünf in der Mehrheit.

          Kardinalsernennung sind immer auch kirchenpolitische Richtungsentscheidungen. Die nun vom Papst benannten Kandidaten „von den Rändern“ vertauschen in Rom nicht nur ihre violette Scheitelkappe mit einer roten. Sie regieren auch die katholische Kirche mit. Bald nach ihrer offiziellen Aufnahme Mitte Februar werden die neuen Kardinäle als Mitglieder in vatikanische Ministerien berufen. Dort kommen sie regelmäßig zu Versammlungen zusammen und beraten über wichtige Entscheidungen. Seit dem Amtsantritt von Franziskus, der die Kollegialität in der Kirchenleitung stärken möchte, ist ihre Rolle noch wichtiger geworden.

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