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Trotz drohender Verhaftung : Puigdemonts riskante Reise nach Kopenhagen

Der ehemalige katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont trifft am Montagmorgen am Flughafen in Kopenhagen ein. Bild: Reuters

Mit seiner Reise aus dem Brüsseler Exil nach Dänemark riskiert der abgesetzte katalanische Regionalpräsident seine Verhaftung – und das vor einer entscheidenden Wahl: Denn Carles Puigdemont soll wieder Regierungschef werden.

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          Carles Puigdemont ist am Morgen in Kopenhagen angekommen – und gleich wieder verschwunden. Trotz einer drohenden Festnahme reiste der abgesetzte katalanische Regionalpräsident zu einer Podiumsdiskussion nach Dänemark. Am Nachmittag wollte er an einer Diskussion an der Universität von Kopenhagen teilnehmen. Puigdemont wusste, wie riskant die Reise ist: Die spanische Staatsanwaltschaft machte ihre Ankündigung vom Sonntag wahr und beantragte am Montag beim Obersten Gerichtshof einen EU-Haftbefehl, über den nun der Vorsitzende Richter entscheiden muss.

          Hans-Christian Rößler
          Politischer Korrespondent für die Iberische Halbinsel und den Maghreb mit Sitz in Madrid.

          Laut spanischen Presseberichten könnte Puigdemont binnen 24 Stunden festgenommen und bis zu vier Wochen lang in Dänemark inhaftiert werden. Nach der Podiumsdiskussion an der Universität wollte sich Puigdemont angeblich am Dienstag noch mit dänischen Abgeordneten treffen. Der Zeitpunkt der Reise kam überraschend und sorgte für Verwirrung. Denn Puigdemont, der in Spanien eine lange Freiheitsstrafe fürchten muss, will in den kommenden Tagen in Barcelona zum neuen katalanischen Regionalpräsidenten gewählt werden.

          Besitzt Puigdemont „die absolute Legitimität“?

          Am Montag nominierte der neue katalanische Parlamentspräsident Roger Torrent den Ende Oktober nach Brüssel geflohenen Politiker als einzigen Kandidaten. Er besitze „die absolute Legitimität“, um wieder Regierungschef zu werden. Zugleich bat er den spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy um ein Treffen, um über die Einzelheiten der Wahl zu sprechen.

          Nach der Konstituierung des Regionalparlaments in Barcelona muss bis zum 31. Januar ein erster Versuch unternommen werden, einen neuen Regierungschef zu wählen. Unter den Abgeordneten verfügen die drei separatistischen Parteien über eine absolute Mehrheit. Doch es ist umstritten, ob Puigdemont antreten und gewählt werden kann, wenn er sich im Ausland befindet. Bisher wollte er sich aus Brüssel, wo er sich frei bewegen konnte, per Videokonferenz zuschalten oder einen anderen Abgeordneten sein Regierungsprogramm im Parlament verlesen lassen.

          Sollte er jedoch jetzt in Dänemark in Auslieferungshaft kommen, könnte das viel schwieriger werden. In Spanien droht Puigdemont bei seiner Rückkehr die sofortige Festnahme und ein Verfahren wegen „Rebelión“ und anderer Delikte, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 30 Jahren geahndet werden könnten.

          Anfang Dezember hatte der Oberste Gerichtshof einen EU-Haftbefehl gegen Puigdemont und vier weitere ehemalige Minister aufgehoben, die wie er in Belgien Schutz gesucht hatten. In Barcelona und Madrid rätselte man am Montag darüber, weshalb Puigdemont sich auf diese riskante Reise machte. Die katalanischen Separatisten hatten schon früher versucht, den Konflikt zu internationalisieren. Vergeblich hofften sie bisher darauf, dass sich die Europäische Union einschaltet und sich um eine Lösung bemüht.    

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