
Aufruhr in Kasachstan : Die Versäumnisse der Herrschenden
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Blick auf das Büro des Bürgermeisters in Almaty. Bild: Reuters
Kasachstan stand im regionalen Vergleich gut da. Dass das nun in Gefahr ist, ist die Schuld des Regimes. Und mit dem Einsatz russischer Truppen verändert sich auch die internationale Lage.
Ganz aus heiterem Himmel ist der Aufruhr in Kasachstan nicht gekommen. Es gab in den vergangenen Jahren eine Vielzahl kleinerer Proteste aus unterschiedlichen Anlässen, die zeigten, dass das offizielle Bild von einer in Harmonie lebenden Nation nicht der Wirklichkeit entsprach.
Keine dieser Bewegungen bedeutete jedoch eine echte Gefahr für die Machthaber, die die Bildung ernsthafter Oppositionsbewegungen stets frühzeitig unterbanden. Kasachstan wirkte noch ruhig und stabil, als das Land im Dezember dreißig Jahre Unabhängigkeit feierte.
Im regionalen Vergleich stand Kasachstan gut da
Die Ereignisse der vergangenen Tage bestätigen nun auf dramatische Weise die alte Erkenntnis, dass Herrscher, die Kritik unterdrücken, sich damit auch der Fähigkeit berauben, die Stimmung in der Bevölkerung richtig einzuschätzen. So wie in Belarus Alexandr Lukaschenko vor der Wahl 2020 nicht wahrgenommen hatte, wie sehr die Gesellschaft seines Landes sich verändert hatte, so war sich das autoritäre Regime in Kasachstan offenbar nicht darüber im Klaren, welcher aufgestaute Unmut nur noch auf einen Anlass dafür wartete, sich Bahn zu brechen. Dabei war es nicht völlig falsch, wenn die kasachische Führung ihr Land als Erfolgsgeschichte dargestellt hat: Im regionalen Vergleich stand es gut da.
Dass das nun in Gefahr ist, ist freilich vor allem die Schuld der Herrschenden. Die Gewalttätigkeit des Aufruhrs spiegelt ihre Versäumnisse bei der Modernisierung des Landes und ihre Korrumpiertheit. Die Rettung des Regimes durch ein Eingreifen Russlands verlängert und vergrößert die Probleme Kasachstans. Und zugleich verändert der Einsatz russischer Truppen die internationale Lage. Es ist offen, wie sich die Eskalation in Kasachstan auf die Spannungen mit der Ukraine und die anstehenden Gespräche Russlands mit dem Westen auswirkt: Mäßigt sich der Kreml vorübergehend, weil er seine Kräfte an einer für Russlands Sicherheit heiklen Stelle braucht? Oder kommt er zu einem gegenteiligen Schluss: Jetzt erst recht?