Südamerika : Kolumbiens harter Kampf um den Frieden
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Der kolumbianische Präsident Iván Duque Bild: AFP
Kolumbiens Präsident Duque will den Friedensvertrag mit der ehemaligen Farc-Guerrilla anpassen: Kriegsverbrecher sollen nicht straflos ausgehen. Doch dem Staatschef bläst ein eisiger Wind entgegen.
Kolumbiens Präsident Iván Duque hatte seinen Wählern versprochen, dass er den Friedensvertrag mit den inzwischen aufgelösten „Revolutionären Streitkräften Kolumbiens“ (Farc) in der bestehenden Form nicht akzeptieren werde. Damit sprach er vielen Kolumbianern aus dem Herzen, die sich insbesondere gegen eine Sonderjustiz und Amnestiegesetze für die ehemaligen Farc-Kämpfer sträuben.
Nun hat Duque ein Gesetz über die Tätigkeit und die Befugnisse der sogenannten „Sonderjustiz für den Frieden“ (JEP) beanstandet und sechs der insgesamt 159 Artikel für unangemessen befunden. Der JEP untersteht die Untersuchung, Strafverfolgung und Verurteilung der Verantwortlichen für die während des Konflikts begangenen Verbrechen der Farc. Duque will das Gesetz anpassen, um die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen zur Entschädigung der Opfer zu zwingen. Auch sollen beispielsweise frühere Führer ausgeliefert werden und scharfe Haftstrafen wegen Sexualverbrechen ausgesprochen werden können.
Duques Veto macht eine neue Prüfung des Gesetzes durch den Kongress notwendig. Bis Ende dieses Jahres soll eine Entscheidung getroffen werden. Doch das Vorhaben, das Gesetz zu beschneiden, hat den Widerstand der Befürworter des Friedensabkommens und der ehemaligen Farc-Kommandanten geweckt. Sie werfen Duques Partei „Demokratisches Zentrum“, der neben dem seit August amtierenden Präsidenten auch der frühere Präsident und Hardliner Alvaro Uribe angehört, vor, das Friedensabkommen schrittweise zerschlagen zu wollen. Die langsame Umsetzung des Abkommens stieß bereits zuvor auf Kritik.
Präsident hat keine Mehrheit im Kongress
Duque dürfte große Mühe haben, sein Vorhaben im Kongress durchzubringen. Dort besitzt der Präsident nämlich keine solide Mehrheit. Zwei wichtige Zentrumsparteien kündeten zudem an, dass sie sich nicht an der Abstimmung beteiligen oder eine Entscheidung treffen würden, um die Umsetzung des Abkommens zu gewährleisten. Der Kongress hatte bereits eine Justizreform Duques abgelehnt und die von der Regierung beantragten finanziellen Mittel nur teilweise bewilligt. Wenn beide Kammern sich gegen Duque stellen, muss der Präsident das vorliegende Gesetz unverändert billigen. Die Regierung sagt, dass Duques Vorgehen nicht auf einer politischen Rechnung, sondern auf Prinzipien beruhe. Das Vorgehen des Präsidenten dürfte die politische Debatte in den kommenden Wochen und Monaten erheblich zuspitzen.
Frühere Farc-Führer warnen, dass eine Änderung des Gesetzes viele frühere Kämpfer zurück an die Waffen treiben und damit den über mehr als fünf Jahre ausgehandelten Friedensvertrag zunichte machen könnte. Zudem wäre es ein falsches Signal an die „Nationale Befreiungsarmee“ (ELN), die weiterhin aktive Guerrilla. Niemand würde mehr mit einem Staat in Verhandlungen eintreten, der nicht einhalte, was er unterschrieben habe, sagte der Senator Carlos Antonio Lozada, der die aus den Farc hervorgegangene Partei „Gemeinsame alternative revolutionäre Kraft“ (Farc) vertritt.
Vertreter der damaligen Verhandlungsparteien des Friedensvertrages, Politiker, verschiedene Organisationen und Intellektuelle wandten sich in einem Schreiben an den Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, und baten um Aufmerksamkeit und bezeichneten das Vorgehen Duques als schädlich für die Umsetzung des Friedensvertrages. Für den Montag haben linke Oppositionsparteien zu einer Protestkundgebung aufgerufen.