Türkische Militäroffensive : Erdogan kündigt Frieden mit der PKK auf
- Aktualisiert am
Bild: Reuters
Vor einem Nato-Sondertreffen hat der türkische Präsident Unterstützung der Allianz im Kampf gegen die IS-Terrormiliz angemahnt. Den Friedensprozess mit der als Terrororganisation eingestuften Arbeiterpartei Kurdistans erklärt er für beendet.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat den Friedensprozess mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK aufgekündigt. Es sei unmöglich, diesen Weg mit denjenigen fortzusetzen, „die die nationale Einheit und Integrität der Türkei untergraben“, sagte Erdogan nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu. Er forderte das Parlament auf, die Immunität von Politikern mit Verbindungen zu „terroristischen Gruppen" aufzuheben.
Die Türkei attackiert seit einigen Tagen mit massiven militärischen Mitteln mutmaßliche kurdische Terroristen im Land und im Norden des Irak, zugleich aber auch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) vor. Auslöser waren mehrere tödliche Anschläge im von Kurden bewohnten Südosten der Türkei, für die der IS und die PKK verantwortlich gemacht werden. Am späten Montagabend wurde nach türkischen Angaben zudem eine Gaspipeline sabotiert. Der Anschlag trägt die Handschrift der PKK.
Zugleich forderte Erdogan die Nato auf, seinen Anti-Terror-Kampf zu unterstützen. Er gehe davon aus, dass sich die Allianz auf ihrem Sondertreffen in Brüssel bereiterkläre, die notwendigen Schritte zu unternehmen, sagte Erdogan am Dienstag in Ankara, ohne Details zu nennen. Er kündigte an, den Kampf gegen den Terrorismus „entschlossen“ fortzusetzen.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, es sei richtig, das Treffen zum jetzigen Zeitpunkt abzuhalten, um über die Instabilität „vor der Haustür der Türkei und an der Nato-Grenze" zu beraten. „Die Nato verfolgt die Entwicklungen sehr genau, und wir stehen unserem Verbündeten Türkei in starker Solidarität bei."
Die Türkei hatte sich Ende vergangener Woche nach langem Zögern bereiterklärt, sich aktiv am Kampf gegen den „Islamischen Staat“ zu beteiligen. Während der Kampf gegen den IS von den Nato-Partnern begrüßt wird, kritisieren die europäischen Verbündeten das Vorgehen gegen die als Terrororganisation eingestufte PKK.
Die Spannungen zwischen der türkischen Regierung und der PKK hatten sich zuletzt deutlich verschärft. Besonders prekär war ein Selbstmordanschlag auf prokurdische Freiwillige in der südlichen Grenzstadt Suruc (nahe des syrischen Kobane), bei dem vor einer Woche 32 Menschen um Leben kamen. Für das Attentat wird der IS verantwortlich gemacht, doch geben viele Kurden der Regierung in Ankara eine Mitschuld. Sie werfen ihr vor, die Aktivitäten der Dschihadisten zu lange geduldet zu haben.
Hakurk bombadiert : Türkische Luftwaffe greift wieder PKK im Nordirak an
Die Türkei und die Vereinigten Staaten treiben nun Pläne für eine Sicherheitszone in Syrien voran. Dabei sollen amerikanische Kampfflugzeuge, gemäßigte syrische Rebellen und das türkische Militär eng kooperieren. Diese Zone werde es möglich machen, dass 1,7 Millionen Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Nachbarland in ihre syrische Heimat zurückkehren könnten, sagte Erdogan.
Sondersitzung der Nato-Botschafter
Auf Antrag der Türkei sollen die Botschafter der 28 Nato-Staaten noch an diesem Dienstag zusammen kommen. Ankara hat um Beratungen nach Artikel 4 des Nato-Vertrags gebeten. Dieser Artikel sieht Konsultationen vor, wenn ein Nato-Mitglied der Ansicht ist, die Unversehrtheit des eigenen Territoriums, die politische Unabhängigkeit oder die eigene Sicherheit sei bedroht. Der Bündnisfall ist in Artikel 5 geregelt.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte im Blick auf die militärischen Aktivitäten der Türkei, die türkische Regierung könne sich des Verständnisses und der Solidarität der Verbündeten bei der Bekämpfung des IS-Terrors sicher sein. Es hieß jedoch auch in der Bundesregierung, anzumahnen sei, dass der Versöhnungsprozess mit der kurdischen PKK fortgesetzt werden müsse. Die Verteidigungsministerin sagte im Blick auf die deutschen Flugabwehrbatterien vom Typ Patriot, die im südtürkischen Karamanmaras stationiert sind, für sie ergebe sich momentan keine neue Lage.
Mutmaßlich Anschlag auf Gaspipeline
Nach Angaben der türkischen Regierung sind nach dem Anschlag auf die Gasleitung aus dem Nachbarland Iran, die Reparaturarbeiten im Gang. Wann das Gas wieder strömen könne, sei noch nicht klar, teilten der türkische Energieminister Taner Yildiz und die staatliche Gasgesellschaft Botas mit. Die Türkei habe aber bisher andere Staaten nicht um Gaslieferungen gebeten. Es gebe auch keine Engpässe bei der Belieferung des Inlandsmarkts.
In türkischen Medienberichten war von Sabotage die Rede, für die die PKK verantwortlich gemacht wurde. Zunächst bekannte sich jedoch niemand zu dem Vorfall. Die PKK hatte in den vergangenen Tagen auch mehrere Attentate auf Polizisten verübt.