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Justizreform vertagt : Netanjahus Notbremse

  • -Aktualisiert am

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Montag in der Knesset Bild: AFP

Der Ministerpräsident hat Israel in eine beispiellose Selbstschwächung geführt. Ob er noch die Autorität hat, einen Kompromiss in der Justizreform durchzusetzen, ist fraglich.

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          Es spricht nicht für den israelischen Ministerpräsidenten, dass nun auch er das Aussetzen der Justizreform damit begründet, dass ein Bürgerkrieg verhindert werden müsse. Netanjahu selbst hat das Land an diesen Abgrund geführt, denn er hat über Wochen versucht, die Reform gegen massiven politischen und gesellschaftlichen Widerstand durchzusetzen.

          Seine Koalition hat die Mehrheit, und das sollte in der Demokratie ausschlaggebend sein. Wer grundlegende Umbauten am Staatsaufbau vorhat, der sucht aber besser einen breiten Konsens. Netanjahus Bündnis hat die Reform nie in diesem Sinne betrieben. Sie war angelegt als Kulturkampf der (religiösen) Rechten gegen eine als links empfundene Richterschaft, auch als Aufstand abgehängter Juden orientalischer Abstammung gegen privilegierte Aschkenasen europäischer Herkunft.

          Die Opposition ist gesprächsbereit

          Das Ergebnis ist eine beispiellose Selbstschwächung des Landes, die bis ins Militär reicht, was im Fall von Israel schnell gefährlich werden kann. Netanjahu, der stets für Sicherheit stehen wollte, hat da erstaunlich spät die Notbremse gezogen. Es gibt durchaus Gründe, das Verhältnis zwischen Exekutive und Judikative in Israel neu zu tarieren. Die Opposition zeigt sich immerhin gesprächsbereit. Die Frage aber ist, ob Netanjahu noch die Autorität hat, um einen Kompromiss auch in seiner Koalition durchzusetzen.

          Schon jetzt hat er einen beträchtlichen Preis zahlen müssen, um die Ordnung im Lande fürs Erste wieder herzustellen. Sicherheitsminister Ben-Gvir verlangte für die Zustimmung zur Vertagung der Reform, also noch nicht mal zu deren Aussetzung oder Überarbeitung, die Aufsicht über die Nationalgarde. Dass dieser extremistische Provokateur das Kommando über die jüngst gegründete paramilitärische Truppe bekommen soll, die zur Bekämpfung von Unruhen im Inneren aufgestellt wurde, könnte sich noch als problematisch herausstellen.

          Nikolas Busse
          Verantwortlicher Redakteur für Außenpolitik.

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