„Europa ist in Gefahr“
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Josep Borrell am 9. November in Brüssel Bild: Getty
Lange sahen sich die Europäer vor allem als Soft Power. Doch so können sie ihre Interessen nicht mehr verteidigen, sagt der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell der F.A.Z. – und zieht Konsequenzen.
Anderthalb Jahre lang hat Josep Borrell an einem neuen Konzept für die EU-Verteidigungspolitik gearbeitet, immer wieder haben sich Verteidigungs- und Außenminister der Mitgliedstaaten darüber gebeugt. Jetzt liegt das Ergebnis der Beratungen vor. Am Mittwoch hat der EU-Außenbeauftragte seinen Entwurf dem Kollegium der Kommissare vorgestellt, Anfang kommender Woche sind die Minister dran. Im Dezember werden sich die Regierungschefs über den Text beugen, bis März soll er unter Dach und Fach sein. Solange bleibt das Dokument eingestuft – die F.A.Z. verfügt jedoch bereits über ein Exemplar. Sie hat zudem, mit einigen anderen Medien, Borrell zu seinen Vorstellungen befragt. Das Ergebnis ist, kurz gesagt: bemerkenswert. Der Spanier verabschiedet sich von der Idee, dass Europa als Soft Power, als sanfte Macht ohne größere militärische Fähigkeiten, seine Interessen verteidigen könne.
Und er hält damit nicht hinter dem Berg. „Europa ist in Gefahr“, schreibt Borrell gleich im Vorwort seines Entwurfs. „Wir müssen in einer strategischen Umgebung operieren, die zunehmendem Wettbewerb unterliegt.“ Man erlebe die „Rückkehr der Machtpolitik“, und das nicht nur mit militärischen Mitteln, sondern auch mit Cyberangriffen, der Instrumentalisierung von Migranten, privaten Armeen und der Kontrolle über Rohstoffe wie seltene Erden. „Die klassische Unterscheidung von Krieg und Frieden ist immer schwieriger geworden“, schreibt Borrell. Sogar „soft power“ werde „in eine Waffe verwandelt“ – eine Anspielung an den Systemrivalen China, der sein autoritäres Herrschaftsmodell offensiv anpreist.
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