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Debatte um Waffenlieferungen : Biden sagt „Nein“ zu Kampfflugzeugen für Kiew

Ein amerikanisches F-16-Kampfflugzeug bei einer Übung in Estland im Juni 2018 Bild: REUTERS

Joe Biden will der Ukraine derzeit keine F-16 zukommen lassen. Emmanuel Macron und Mark Rutte schließen das nicht aus – unter bestimmten Voraussetzungen.

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          Die Vereinigten Staaten werden den ukrainischen Streitkräften vorerst keine Kampfflugzeuge zur Verfügung stellen. Präsident Joe Biden stellte am Montag klar, dass er die Lieferung von F-16-Kampfflugzeugen an Kiew derzeit ablehnt. Auf eine entsprechende Frage eines Journalisten im Weißen Haus antwortete er schlicht mit „Nein“.

          Majid Sattar
          Politischer Korrespondent für Nordamerika mit Sitz in Washington.
          Thomas Gutschker
          Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.
          Michaela Wiegel
          Politische Korrespondentin mit Sitz in Paris.

          Biden reagierte damit auf eine Äußerung seines stellvertretenden Nationalen Sicherheitsberaters Jon Finer. Dieser hatte eine Lieferung zuvor nicht kategorisch ausgeschlossen. Das schien der Linie zu folgen, dass die amerikanische Regierung, die in Sachen Militärhilfe mit Abstand den größten Beitrag leistet, die Entscheidung über einzelne Waffensysteme von der Lage auf dem Schlachtfeld in der Ukraine abhängig macht.

          Die Entscheidung, Kiew Abrams-Kampfpanzer zur Verfügung zu stellen, war allerdings politischer Natur. Die deutsche Bundesregierung hatte dies zur Bedingung dafür gemacht, ihrerseits Leopard-2-Panzer zu liefern. In Washington hieß es mit Blick auf Bidens Äußerung, noch habe es in der Regierung auf höchster Ebene keine Diskussion über die F-16 gegeben.

          Der französische Präsident Emmanuel Macron und der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte äußerten sich am Montagabend nuancierter als Biden. Beide schlossen in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Den Haag die Lieferung von Kampfflugzeugen an Kiew ausdrücklich nicht aus. Sie ließen zudem mit ihren Antworten auf eine entsprechende Frage erkennen, dass sie die darüber geführte Debatte, anders als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), nicht für überflüssig halten.

          „Die Zeit ist reif“

          Macron nannte drei Kriterien. Erstens müsse die Ukraine selbst solche Lieferungen für nützlich halten, auch in Anbetracht des notwendigen Vorlaufs für Ausbildung und Lieferung. Er habe darüber vorige Woche schon anderthalb Stunden mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj telefoniert, sagte Macron. Zweitens dürfe eine Lieferung nicht zu einer Eskalation führen. Die Ausrüstung, die man liefern würde, dürfe „nicht russischen Boden berühren“, sondern müsse dem Schutz und der Verteidigung ukrainischen Territoriums dienen. Drittens dürfe die Verteidigungsfähigkeit Frankreichs nicht geschwächt werden. Auf derselben Basis habe er zuletzt die Lieferung französischer Spähpanzer freigegeben, so der Präsident.

          „Es gibt keine Tabus, aber das wäre doch ein sehr großer Schritt, falls es so weit kommt“, sagte Rutte. Damit spielte er auf eine Äußerung seines Außenministers Wopke Hoekstra an. Der hatte vor zehn Tagen auf eine Frage im Parlament, ob die Regierung bereit sei, Schützenpanzer und F-16-Kampfflugzeuge zu liefern, geantwortet, dass es grundsätzlich „kein Tabu“ gebe. Allerdings stellte Rutte sogleich klar, dass es keine solche Anfrage aus Kiew gebe. Die von Macron genannten Kriterien seien sinnvoll, um die Debatte zu strukturieren.

          Das Thema spielte auch eine Rolle beim ersten Besuch des ukrainischen Verteidigungsministers Olexij Resnikow in Paris am Dienstag. Der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu sagte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz, Kampfflugzeuge seien „nicht tabu“. Dringlicher sei es aber, die bereits gelieferten Waffensysteme wie die Caesar-Haubitze – Paris will zwölf weitere dieser Systeme in die Ukraine schicken – einsatzbereit zu halten und ausreichend Munition zu liefern. Resnikow sagte, es gehe vorrangig darum, die Luftabwehrkapazitäten zu verstärken: „Kampfflugzeuge sind ein Teil davon.“ Ein bestimmtes Modell wie die Mirage-Flugzeuge seien aber nicht gefordert worden.

          Im Gespräch mit der Zeitung „Le Figaro“ erläuterte Resnikow zuvor: „Auf meiner Liste an den Weihnachtsmann standen Kampfflugzeuge ganz oben, aber mir war zu Beginn des Konflikts klar, dass es verfrüht war, diese Forderung in den Vordergrund zu stellen. Daher musste man zunächst nach Flugabwehrsystemen und Panzern verlangen.“ Doch jetzt sei die Zeit reif, und französische Kampfflugzeuge hätten einen exzellenten Ruf. Er würde sich sehr freuen, „wenn ukrainische Piloten an französischen Flugzeugen geschult werden könnten“. Man habe zwar darüber gesprochen, es sei aber noch keine Entscheidung getroffen worden, bestätigte Lecornu.

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