Demokrat und ehemaliger Vize-Präsident der Vereinigten Staaten: Joe Biden Bild: AFP
Die Empörung über Donald Trump in der Ukraine-Affäre ist groß, aber auch Joe Biden ist schwer beschädigt. Im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf wittern längst andere Kandidaten der Demokraten ihre Chance.
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Wenngleich im Weißen Haus und unter Republikanern im Kapitol über die richtige Verteidigungsstrategie im Umgang mit der Ukraine-Affäre gestritten wird, hat Donald Trump eines durchaus erreicht: Joe Biden, der bislang führende Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten in Amerika, ist schon jetzt beschädigt.
Die große Mehrheit der demokratischen Anhängerschaft hält den Versuch des Präsidenten, einen ausländischen Staatschef unter Druck zu setzen, gegen seinen möglichen Herausforderer zu ermitteln, für Amtsmissbrauch. Viele von ihnen halten aber auch Bidens Verhalten für bedenklich: Dass dieser sich als Vizepräsident für die Absetzung eines Generalstaatsanwalts einsetzte, der gegen das Unternehmen ermittelte, in dessen Vorstand der eigene Sohn saß, betrachten sie als Interessenkonflikt, selbst wenn das eine nichts mit dem anderen zu tun hatte.
Biden-Mitarbeiter sichtlich nervös
Offiziell ist aus dem Lager des früheren Vizepräsidenten zu hören, das Telefonat Trumps mit Wolodymyr Selenskyj zeige, dass der Präsident Angst vor Biden habe. Zudem werde die Vorbereitung des Amtsenthebungsverfahrens im Repräsentantenhaus das Duell der beiden in den Vordergrund stellen, wovon Biden nur profitieren könne. Doch hinter vorgehaltener Hand werden dessen Vertraute mit den Worten zitiert, sie seien durchaus beunruhigt. Es gibt erste Anzeichen dafür, dass die Sorgen berechtigt sind. Elizabeth Warren, die Senatorin aus Massachusetts, war in vielen Umfragen Biden schon vor Beginn der Affäre auf die Pelle gerückt und hatte den sozialistischen Senator Bernie Sanders überholt.
Hinzu kam, dass die linke Kandidatin Biden beim Spendensammeln hinter sich ließ. Im dritten Quartal nahm sie zehn Millionen Dollar mehr ein als er. Das ist insofern bemerkenswert, als sie ihren Wahlkampf hauptsächlich aus Kleinspenden finanziert, wohingegen Biden vom linken Flügel der Demokraten als „Wall-Street-Kandidat“ dargestellt wird. Beide Trends – die Umfragen und das Spendenaufkommen – hatten schon vor Beginn der Affäre eingesetzt. Sie werden aber durch die jüngste Entwicklung verstärkt.
In der vergangenen Woche wurden Mitarbeiter im Wahlkampfteam Bidens offenbar nervös. Als ihr Kandidat in die Defensive geriet, sollen sie Unterstützer gebeten haben, die Parteizentrale der Demokraten für ihr zurückhaltendes Auftreten in der Affäre zu kritisieren. Begründung: Die Parteizentrale der Republikaner schalte ihrerseits Anzeigen, in denen Biden persönlich angegriffen werde. Das „Democratic National Committee“ erwiderte: Man werde Trumps Verhalten weiterhin verurteilen, als neutrale Instanz in den Vorwahlen aber keine Anzeigen zur Verteidigung eines Kandidaten schalten.
Einige Mitbewerber Bidens glauben nun, einen eleganten Weg gefunden zu haben, sich vom bisherigen Spitzenreiter zu distanzieren. Kamala Harris, Beto O’ Rourke und Amy Klobuchar äußerten, natürlich sei Trump das eigentliche Problem. Jedoch würden sie es als Präsident nicht zulassen, dass ein Kind ihres Vizepräsidenten oder eines Kabinettsmitglieds im Vorstand eines ausländischen Unternehmens säße. Biden geht seit einigen Tagen in die Offensive. Sichtlich erregt sagte er kürzlich: Es gebe keinerlei Anzeichen für einen Interessenkonflikt. Sodann: Man möge sich doch bitte auf den Präsidenten konzentrieren, der etwas getan habe, was noch nie ein Präsident getan habe.