Nukleare Aufrüstung : Stoltenberg: Wir werden Russland antworten
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Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg während einer Pressekonferenz mit Jean-Claude Junker, dem Präsidenten der Europäischen Kommission am 16.Juni 2015 in Brüssel Bild: AFP
Nato-Generalsekretär Stoltenberg will Russlands Pläne zum Ausbau der Atomstreitkräfte nicht unbeantwortet lassen. Der amerikanische Außenminister Kerry warnt sogar schon vor einem Rückfall in den Kalten Krieg.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die russische Nuklear-Aufrüstung scharf kritisiert. „Das nukleare Säbelrasseln Russlands ist ungerechtfertigt, destabilisierend, und es ist gefährlich“, sagte Stoltenberg am Dienstagabend in Brüssel nach einem Besuch beim EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker. Stoltenberg meinte weiterhin zu den russischen Plänen: „Wir antworten“. Die Nato erhöhe ihre Präsenz im östlichen Teil des Bündnisgebietes, fügte er mit Blick auf die Rolle der westlichen Militärallianz an.
Der Zeitung „Bild" sagte Stoltenberg, die Sicherheitslage habe sich verändert. Das in Polen stattfindende Nato-Manöver „Noble Jump" sende „ein klares Signal, dass unser Bündnis bereit, willens und in der Lage ist, mit allen Herausforderungen fertig zu werden, die auf uns zukommen." Er betonte, die Nato strebe keine Konfrontation, sondern ein konstruktives Verhältnis zu Russland an. „Aber so ein Verhältnis muss darauf basieren, dass Grenzen, Regeln und Vereinbarungen respektiert werden." An „Noble Jump" ist auch die Bundeswehr beteiligt. Ziel der Übung der neuen schnellen Eingreiftruppe der Nato ist es, neue Abläufe für den Ernstfall zu trainieren. Für Donnerstag ist eine Demonstration der Einsatzfähigkeit mit Gefechtsmunition geplant. Dazu werden unter anderen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Stoltenberg erwartet.
Die neue Krisentruppe der Nato wird wegen des Konflikts in der Ostukraine vor allem als Abschreckung gegen Russland aufgebaut. Sie soll im Kern eine rund 5000 Soldaten starke Landsstreitkräfte-Komponente umfassen. Als mögliche Einsatzorte der sogenannten Speerspitze gelten die Bündnisstaaten im Baltikum. Länder wie Litauen, Lettland und Estland fühlen sich besonders von der aktuellen russischen Politik bedroht.
Kerry warnt vor einem neuen Kalten Krieg
Der amerikanische Außenminister John Kerry hatte angesichts des von Russland angekündigten Ausbaus seines Atomwaffenarsenals vor einem Rückfall in den Kalten Krieg gewarnt. „Ich denke, niemand will eine Rückkehr zu einem Zustand wie im Kalten Krieg“, sagte Kerry am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Washington, zu der der einen Beinbruch auskurierende Minister aus seinem Zuhause in Boston zugeschaltet wurde. „Natürlich beunruhigt mich das“, sagte Kerry über die russische Ankündigung, bis zum Jahresende mehr als 40 hochmoderne Interkontinentalraketen für seine Atomstreitkräfte anzuschaffen.
Kerry verwies auf den Start-Abrüstungsvertrag, den Russland und die Vereinigten Staaten 1991 geschlossen und 2010 erneuert hatten. Darin wurde eine Verringerung der Atomwaffenarsenale beider Länder festgeschrieben. „Wir hatten eine enorme Zusammenarbeit seit den neunziger Jahren zur Vernichtung von Atomwaffen, die sich auf den früheren Territorien der Sowjetunion befanden, und niemand will, dass wir einen Schritt zurück machen“, sagte der Außenminister.
Nato spricht von „gefährlicher Maßnahme“
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Dienstag gesagt, die 40 Interkontinentalraketen, die er anschaffen wolle, seien fähig, „alle, selbst die technisch am weitesten entwickelten Luftabwehrsysteme zu durchbrechen“. Mehrere osteuropäische Staaten sind seit Russlands Annexion der Krim im Frühjahr vergangenen Jahres zusehends beunruhigt über das Vorgehen Moskaus. Dazu trägt auch die Ausweitung der russischen Militärpräsenz in der Ostsee sowie im Luftraum an ihren Grenzen bei. Die Baltenstaaten beantragten im April die dauerhafte Stationierung tausender Nato-Soldaten. Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri verfügt Russland unter den Atommächten der Welt über die meisten Nuklearwaffen. Deren Gesamtzahl sank demnach zwar im Vergleich der Jahre 2014 und 2015 von 8000 auf 7500, die Zahl der einsatzbereiten Sprengköpfe stieg jedoch von 1600 auf 1780.
Ukraine verschärft Blockade des Donbass'
Die Ukraine hatte am Dienstagabend angekündigt, die umstrittene Blockade des Kriegsgebietes Donbass zu verschärfen. So dürften Lebensmittel, Medikamente und medizinische Güter nur noch bedingt in das von den prorussischen Separatisten kontrollierte Gebiet geliefert werden, teilte der Geheimdienst in Kiew mit. Die Behörde leitet die „Anti-Terror-Operation" gegen die Aufständischen.
Beobachter warnen seit Wochen vor einer neuen Eskalation der Gewalt in der Ostukraine. Russland fordert ein Ende der Blockade des Donbass' durch die prowestliche Führung in Kiew. Die Konfliktparteien werfen sich gegenseitig Verstöße gegen den Friedensplan von Minsk Mitte Februar vor.