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Israel nach den Anschlägen : Ein Land in aufgeputschter Atmosphäre

Benjamin Netanjahu beim wöchentlichen Kabinettstreffen am Sonntag Bild: EPA

Nach den Terrorangriffen vom Wochenende verkündet die Regierung scharfe Maßnahmen. So soll mehr Israelis das Tragen von Waffen erlaubt werden.

          5 Min.

          In Israel kam an diesem Wochenende alles zusammen. Trauer, Wut, Entsetzen. Auch Zweifel und Entschlossenheit waren zu spüren, nachdem Gewalt und Gegengewalt hervorgebrochen waren. Konflikte, die sich seit Langem verschärft hatten, eskalierten immer weiter und beeinflussten sich wechselseitig. In der politischen Arena wurde alles miteinander vermischt: innenpolitische Kontroversen, der Kampf gegen Terrorismus, die Besatzung und der Konflikt mit den Palästinensern.

          Christian Meier
          Politischer Korrespondent für den Nahen Osten und Nordostafrika.

          Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der seit rund vier Wochen eine von religiösen Fundamentalisten und rechten Extremisten geprägte Koalition anführt, reagierte auf die Terrorangriffe vom Wochenende, indem er eine Stärkung des Siedlungsbaus ankündigte. Sein Minister für „nationale Sicherheit“, Itamar Ben-Gvir, will palästinensische Häuser in Ostjerusalem abreißen lassen und mehr israelischen Zivilisten das Tragen von Waffen erlauben. Er und Justizminister Jariv Levin nutzten zugleich die Gelegenheit, Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara als Sicherheitsrisiko darzustellen; dieselbe Generalstaatsanwältin, welche die Regierungspläne für eine Justizreform kritisiert hat.

          Die Zehntausenden von Demonstranten, die in Tel Aviv und anderen Städten wieder gegen die Justizreform auf die Straße gingen, bemühten sich derweil darum, dass das Momentum erhalten bleibt, das sie über mehrere Wochen aufgebaut hatten. Aber auch sie konnten die veränderte Stimmungslage an diesem Wochenende nicht ganz ignorieren, nachdem ein Palästinenser am Freitagabend in Ostjerusalem sieben Israelis erschossen hatte.

          Und immer wieder, während all das geschah, kamen Meldungen über neue Gewalttaten. Als das Land sich noch vom Schock der Terrorattacke vom Freitag erholte, feuerte ein 13 Jahre alter Palästinenser am Samstagvormittag in Ostjerusalem mit einer Pistole auf Passanten. Er verletzte einen 47 Jahre alten Mann und dessen 23 Jahre alten Sohn, bevor er selbst von Passanten angeschossen wurde. Am Samstagabend, während der Demonstrationen gegen die Regierung, feuerte ein Angreifer auf ein von Siedlern betriebenes Restaurant nahe Jericho im Westjordanland. Wenige Stunden später wurde ein bewaffneter Palästinenser erschossen, der sich der Siedlung Kedumin westlich von Nablus genähert hatte. Am Sonntagmorgen versuchten zwei Bewaffnete, die Grenze von Syrien nach Israel auf den Golanhöhen zu überwinden. Soldaten schossen einen von ihnen an.

          Auch israelische Journalisten werden angegriffen

          Auch von israelischer Seite kam es zu Attacken. Südlich von Nablus griffen Siedler Medienberichten zufolge Ge­schäfte an und setzten Autos in Brand oder beschädigten sie. In dem Ort Turmusaya nahe Ramallah gab es einen Brandanschlag auf ein Haus, in Ostjerusalem kam es zu Übergriffen von Siedlern auf Palästinenser und Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und Sicherheitskräften.

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