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Israel, Libanon und Syrien : Auf Konfrontationskurs

Überreste einer Rakete in der südlibanesischen Stadt Kaoukaba, nahe der Grenze zu Syrien Bild: AFP

Im Norden Israels, an der Grenze zum Libanon und zu Syrien, wächst die Kriegsgefahr. Auch wenn das eigentlich niemand will.

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          Der Luftschlag in jener Januarnacht vor drei Jahren war ein gewagter Schritt. Er galt einer Gruppe aus Hizbullah-Kommandeuren und einem iranischen General, die sich auf der syrischen Seite der Golanhöhen eingefunden hatte. Der israelische Hubschrauberangriff war erfolgreich, sie wurden getötet. Israel hatte aus damaliger Sicht eine schiitische Kommandogruppe vernichtet und verhindert, dass diese ihre Operationen in Syrien auf das unmittelbare Grenzgebiet zu Israel ausweitet. Aus heutiger Sicht war Israel einem direkten Krieg gegen die Hizbullah und ihre Schutzmacht Iran nie so nahe wie damals. Es kam nicht zur Eskalation. Teherans Reaktion blieb aus, und die Hizbullah beschränkte sich zur Vergeltung auf einen einzigen Raketenangriff aus dem Libanon, der zwei israelische Soldaten das Leben kostete.

          Jochen Stahnke
          Politischer Korrespondent für China, Taiwan und Nordkorea mit Sitz in Peking.

          Das Risiko der israelischen Führung zahlte sich aus. Iranische und proiranische Kräfte hielten sich von der Grenze fortan weitgehend fern. Doch dann griff Russland in den Syrien-Krieg ein. Zusammen mit Teheran hat Moskau dem Diktator Baschar al Assad das Überleben gesichert, dessen Regime jetzt wieder den größten Teil Syriens kontrolliert. Zuletzt nahmen Assad-Truppen den unmittelbar an der Grenze zu Israel gelegenen Ort Beit Jinn ein. Dass die versehrte syrische Armee solche Eroberungen nur gemeinsam mit der Hizbullah oder iranischen Kräften bewerkstelligen kann, ist das jüngste Zeichen dafür, wie sehr sich das Bündnis auf Konfrontationskurs mit Israel befindet. Die israelischen Luftschläge haben sich in jüngster Zeit noch verstärkt, aber es gibt keine Garantie, dass sie weiterhin unerwidert bleiben.

          Rote Linien für Netanjahu

          Iran hat mit Assad längst Abkommen im Energie-, Mobilfunk- und Landwirtschaftsbereich geschlossen und etwas zu verlieren. Israel ist besorgt, dass Iran seine Kriegsdividende darüber hinaus auch in einen Kriegshafen, in Flugplätze, iranische Kasernen und Raketenfabriken in Syrien verwandelt. Für Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sind das rote Linien, während sich Russland in der Sache nicht festlegt. „Ich habe Putin klargemacht, dass wir das stoppen werden, wenn es nicht von selbst aufhört“, sagte Netanjahu Ende Januar bei einem seiner vielen Besuche in Moskau. Putin erwiderte nichts. Tage später zerstörten israelische Kampfflugzeuge eine Forschungsanlage vor Damaskus, in der die Hizbullah mit iranischer Hilfe ihre Mittelstreckenraketen modernisiert haben soll.

          Allein im benachbarten Libanon besitzt die Hizbullah nach israelischen Erkenntnissen mittlerweile 130.000 Raketen. Größtenteils soll es sich um alte, ungelenkte Geschosse handeln. Israels Regierung befürchtet, dass diese jetzt nach und nach mittels günstig käuflicher GPS-Sender aufgerüstet und zu präzisen Lenkwaffen werden können. Bis zuletzt ist man in Israel davon ausgegangen, dass weder Iran noch die Hizbullah Interesse an einem offenen Krieg gegen Israel haben. Die Schlachten in Syrien kosten Kräfte der schiitischen Miliz, die mit Tausenden eigenen Verletzten und Toten umzugehen hat. Auch wenn man in Israel bis zuletzt vermutete, dass auch Iran keinen Krieg gegen Israel anstrebt, ziehe sich „die Schlinge um Israel herum“ zusammen, wie Verteidigungsminister Avigdor Lieberman sagte. Dem Bild Liebermans entsprechen der große Einfluss der proiranischen Hizbullah im Libanon, der proiranischen Houthi-Rebellen im Jemen, schiitischer Macht im Irak sowie die Rückeroberung Syriens durch Teherans Verbündeten Assad. Iran sucht den strategischen Druck von den eigenen Grenzen wegzuhalten und kämpft lieber woanders ohne viele eigene Soldaten. Der verheerende Krieg in den achtziger Jahren gegen den Irak ist nicht vergessen, der Hunderttausende Iraner das Leben kostete. Im Zuge der jüngsten Volksproteste in Iran fielen Parolen, man wolle das eigene Blut dem Mutterland schenken, es aber nicht auf fernen Kriegsschauplätzen wie Syrien vergießen.

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