Irlands Wahlsiegerin : Ohne Wurzeln in der IRA
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Mary Lou McDonald stellt sich am Sonntag in Dublin den Fragen von Journalisten Bild: AFP
Die frühere Führung von Sinn Fein war in den Terror der „Irisch Republikanischen Armee“ verstrickt. Die heutige Vorsitzende Mary Lou McDonald kommt aus einem anderen Milieu. Sie hat die Partei salonfähig gemacht.
Noch nie haben so viele Iren für Sinn Fein gestimmt – das war schon klar, bevor das Endergebnis der Parlamentswahl in Irland feststand. Das ist ein Erfolg der Parteivorsitzenden Mary Lou McDonald. Selbst wenn die beiden großen Mitte-Rechts-Parteien des Landes eine Regierung ohne Sinn Fein bilden sollten, hat sie etwas erreicht: Die Partei ist nun für breite Kreise wählbar.

Politischer Korrespondent in London.
Unter McDonalds Vorgänger Gerry Adams, der vor zwei Jahren abgetreten ist, war das noch anders. Bei aller staatsmännischen Attitüde, die sich Adams in seinen 34 Jahre an der Parteispitze zugelegt hatte, wehte stets ein leichter Blutgeruch mit, wenn er das Wort ergriff. Adams, Sohn und Enkel nordirischer „Freiheitskämpfer“, war an der Gewalt, auch am Terror der „Irisch Republikanischen Armee“ (IRA) beteiligt. Während Sinn Fein als in Nordirland als politischer Arm der IRA bei Wahlen erfolgreich war, konnte die Partei im Süden der irischen Insel unter Adams nie richtig Fuß fassen.
McDonald, die 1969 in eine Mittelschichtfamilie in Dublin hineingeboren wurde, hatte mit dem bewaffneten Kampf nie etwas zu tun. Sie besuchte eine Privatschule und studierte Literatur. Danach betätigte sie sich im Umfeld der damaligen Regierungspartei Fianna Fail, bevor sie 2004 für Sinn Fein für das Europaparlament kandidierte und deren erste Abgeordnete wurde. Sie erklärte den politischen Seitenwechsel mit ihrem Einsatz für die irische Wiedervereinigung.
Die Geister der Vergangenheit
Adams holte die begabte Frau rasch in die Parteiführung. Vor elf Jahren wurde sie seine Stellvertreterin, 2011 wurde sie ins irische Parlament gewählt. Als Adams abtrat, rückte sie ohne Gegenkandidatur an die Parteispitze. Seither bemüht sie sich, der katholisch-nationalistischen Sinn Fein einen progressiv-zivilen Anstrich zu verleihen. Die Partei gab ihren Widerstand gegen Abtreibungen auf und positionierte sich am linken Rand der irischen Politik. Den Wahlkampf bestritt sie vor allem mit kostspieligen Versprechungen, die sozialen Ungleichgewichte auf dem Wohnungsmarkt und im Gesundheitssektor zu beseitigen.
Doch wird McDonald immer wieder von Sinn Feins Vergangenheit eingeholt. Im Wahlkampf äußerte sich ein ranghoher Parteifreund in Belfast despektierlich über ein Opfer des IRA-Terrors. Sie wurde aufgefordert, den Mann aus dem Verkehr zu ziehen, beließ es aber dabei, ihn zu einer Entschuldigung aufzufordern.
McDonald weiß, dass sie sich nicht zu weit von den Wurzeln von Sinn Fein entfernen darf, wenn sie die Partei zusammenhalten will. Voriges Jahr marschierte sie auf der New Yorker Parade zum St. Patricks Day hinter einem Plakat, auf dem „England raus aus Irland!“ stand. Beifall in der Partei erhielt sie auch, als sie die Wahl des venezolanischen Machthabers Nicolas Maduro als „offen und demokratisch“ würdigte.