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Streit mit Diplomaten : Iran droht mit Ausweisung des britischen Botschafters

  • Aktualisiert am

Proteste nahe der Teheraner Universität am Samstagabend Bild: dpa

Der Konflikt spitzt sich auf diplomatischer Ebene weiter zu: Iran wirft Großbritannien Einmischung und Provokation vor, London reagiert. In Richtung Kanada, Heimat vieler Absturzopfer, sendet Teheran ganz andere Signale.

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          Nach der kurzzeitigen Festnahme des britischen Botschafters Rob Macaire in Teheran hat die iranische Regierung mit dessen Ausweisung gedroht. Das iranische Außenministerium rief die britische Botschaft in einer Erklärung am Montagabend zu einer „sofortigen Beendigung jeglicher Einmischung und Provokation“ auf. Andernfalls werde es die iranische Regierung nicht dabei belassen, Botschafter Macaire einzubestellen. Das iranische Volk dulde kein Eingreifen aus dem Ausland, insbesondere von Staaten mit einer „kolonialistischen“ Vergangenheit.

          Die iranischen Behörden hatten Macaire am Samstag kurzzeitig in Gewahrsam genommen und ihm vorgeworfen, sich an illegalen Protesten beteiligt und diese provoziert zu haben. Macaire wies die Vorwürfe zurück. Vielmehr sei er zu einer Trauerwache für die Opfer des abgeschossenen ukrainischen Flugzeugs gegangen und habe diese verlassen, als dort regierungskritische Rufe laut geworden seien.

          Das britische Außenministerium bestellte am Montag seinerseits den iranischen Botschafter ein, um gegen die vorübergehende Festsetzung Macaires zu protestieren. Dem Botschafter sollten die „schweren Einwände“ gegen diese Maßnahme vorgetragen werden, die einen „nicht hinnehmbaren Bruch“ der diplomatischen Gepflogenheiten darstellten, teilte das Amt von Premierminister Boris Johnson mit. Botschafter Hamid Baeidinedschad sollte versichern, dass so etwas nicht wieder vorkomme.

          Nach dem Bekenntnis Irans zum versehentlichen Abschuss eines ukrainischen Passagierflugzeugs hatte es in Teheran am Samstagabend Proteste gegen die Regierung gegeben. Mehrere hundert Menschen versammelten sich an der Amir-Kabir-Universität, um der 176 Toten zu gedenken.

          Ermittler aus Kanada sollen Unterstützung erhalten

          Iran wird kanadischen Ermittlern voraussichtlich Zugang zum Wrack und den Flugschreibern gewähren. Das sagte die Chefin der kanadischen Verkehrssicherheitsbehörde TSB, Kathy Fox, am Montag in Ottawa. Es gebe Anzeichen dafür, dass Iran ihrer Behörde eine „aktivere Rolle“ zugestehen wolle als „normalerweise erlaubt ist“. Zwei kanadische Ermittler wurden in Kürze in Teheran erwartet, zwei weitere sollen später anreisen. Unter den 176 Insassen der abgeschossenen Maschine waren 57 Kanadier.

          „Wir wissen, was passiert ist. Was wir nicht wissen, ist, warum es passiert ist“, sagte Fox. Als offene Fragen nannte sie, ob der Raketenbeschuss absichtlich gewesen sei oder nicht und warum der Luftraum angesichts des dramatisch eskalierten Konflikts zwischen Iran und den Vereinigten Staaten offen gehalten worden war.

          Außenminister treffen sich

          Am Donnerstag soll in London ein erstes Koordinationstreffen der Außenminister von Staaten stattfinden, aus denen bei dem Absturz Menschen ums Leben kamen. Teilnehmen werden die Chefdiplomaten aus Afghanistan, Großbritannien, Kanada, Schweden und der Ukraine, wie der kanadische Außenminister Francois-Philippe Champagne mitteilte.

          Ziel des Treffens sei es, den Druck auf Iran aufrechtzuerhalten, damit das Land den ausländischen Ermittlern vollen Zugang zu Beweismaterial gewähre und die Untersuchung transparent führe, schrieb Champagne im Internetdienst Twitter. Auch werden die Außenminister nach seinen Angaben über die angestrebten Entschädigungen für die Familien der Opfer beraten.

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