Parlamentswahl : In Schweden droht der nächste Rechtsruck
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Nun ist es mitnichten so, dass Flüchtlinge und Integration die einzigen bestimmenden Themen im Wahlkampf waren. Ein sehr hitzig diskutiertes Thema war zum Beispiel die Pflege und Fürsorge, vor allem für behinderte Kinder. Es ging um die Schlangen im Gesundheitssystem, um die Qualität der Schulen. Auch im letzten Fernsehduell. Es ging um das schwedische Modell an sich. Das Volksheim. Gleichheit und Sicherheit, finanziert mit hohen Steuern. Die Moderaten sprechen von großen Problemen, vor denen Schweden steht. Die Sozialdemokraten haben massive Investitionen in Renten, Infrastruktur, und Schulen angekündigt, das „größte Sicherheitsprogramm in der modernen Zeit“.
Und die Schwedendemokraten haben es geschafft, auch diese Mängel im schwedischen Modell mit ihrem wichtigsten Thema, der Einwanderung, zu verbinden. Dabei wächst die Wirtschaft, die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie lange nicht. Das bestreiten die Schwedendemokraten auch nicht. Aber: „Viele grundsätzliche Sachen funktionieren nicht in der schwedischen Gesellschaft, und da fragen sich die Menschen, wohin das Geld geht“, sagte Mattias Karlsson, der Fraktionsvorsitzende der Schwedendemokraten im Reichstag der F.A.Z. Die Partei will das Geld nicht für die Einwanderung ausgeben. Sie fordert einen faktischen Stopp der Aufnahme von Flüchtlingen, auch für Quotenflüchtlinge der UN soll das gelten. Grenzen dicht. Sie wollen mehr Geld ausgeben für die Gesundheitsversorgung, für Rentner und die Sicherheitskräfte. Zudem verschärften sie in diesem Wahlkampf ihre EU-Kritik. Åkesson selbst ist für einen Austritt, die Partei möchte ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft Schwedens.
Die Populisten profitieren von ihrer Opferrolle
Auch wenn sie von all diesen Punkten kaum etwas umsetzen dürften, ist ihr Erfolg schon am Verlauf der Debatte zu erkennen. Und dass sie seit dem Einzug in den Reichstag isoliert werden, wussten sie stets für sich zu nutzen. Die Opferrolle half ihnen auch in diesem Wahlkampf, in dem sie sich als eigentlich doch etablierte Partei noch immer als Außenseiter aufspielten. Tatsächlich wiesen es alle Parteien weit von sich, mit den Schwedendemokraten zusammenarbeiten zu wollen. Lange wurde vor allem auf ihre Geschichte verwiesen: Die Partei hat ihre Wurzeln in rassistischen Bewegungen und auch wenn Åkesson eine Null-Toleranz-Politik gegen Rassismus verfolgt, werden immer wieder Äußerungen von Schwedendemokraten bekannt, die tief ins Dunkel blicken lassen.
Nun aber führt die Isolation der Partei zu einem Problem: Es ist völlig unklar, wie eine stabile Regierung gebildet werden kann, wenn eine so große Partei weiterhin keinen Einfluss im Reichstag bekommen soll. Seit langem stehen sich im Reichstag ein rot-grüner Block um die Sozialdemokraten von Löfven und die bürgerliche Allianz um die Moderaten von Kristersson gegenüber. Minderheitsregierungen sind nichts Ungewöhnliches in Schweden, aber sie können nur bestehen, wenn sich keine Mehrheiten gegen sie findet – vor allem bei den Verabschiedungen des Haushalts im Herbst.
Das alles wird künftig nur schwer vorherzusehen und zu verhandeln sein. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode mussten sich die Parteien schon einmal zu einer Dezemberübereinkunft zusammenfinden, um den Einfluss der Schwedendemokraten zu begrenzen und den Sturz der Regierung zu verhindern. Nun versucht vor allem Löfven bereits seine Hände nach Partnern im bürgerlichen Lager auszustrecken. Während nämlich laut Umfragen viele Anhänger der Moderaten durchaus Gespräche mit den Schwedendemokraten befürworten würden, gibt es in der Allianz auch Parteien, die dies mit aller Schärfe ablehnen. Es droht der Bruch – und so dürfte es nach der Wahl noch dauern, bis klar ist, wie es weitergehen soll. Und wie groß der Schaden dieses Wahltages wirklich ist für das Königreich.