Eskalation der Proteste : Polizei setzt Tränengas gegen Demonstranten ein
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Eskalation am Sonntagabend in Hongkong Bild: Reuters
Die Polizei in Hongkong geht mit Schlagstöcken und Tränengas gegen Demonstranten vor, die für freie Wahlen protestieren. Der Verwaltungschef rät der Bevölkerung, sich nicht an den „illegalen“ Protesten zu beteiligen.
In Hongkong spitzt sich die Lage angesichts der Demonstrationen für freie Wahlen zu. Die Polizei setzte am Sonntag Tränengas ein, um die Menge im Regierungsviertel der Wirtschaftsmetropole auseinanderzutreiben. Sie ging auch mit Schlagstöcken gegen die Demonstranten vor. Der Verwaltungschef von Hongkong, Leung Chun Ying, forderte die Bevölkerung auf, sich nicht an den „illegalen“ Protesten zu beteiligen. Die Polizei sei bereit, entschlossen und im Rahmen der Gesetze zu handeln.
Zuvor hatte die Polizei bereits Pfefferspray gegen die Protestierenden eingesetzt. Viele Demonstranten trugen zum Schutz dagegen Schutz-, Sport- oder Schwimmbrillen, Masken und Plastikumhänge. Fast 80 Personen wurden bislang festgenommen. Gleichzeitig teilte die Führung mit, sie wolle in Kürze eine neue Runde der Beratungen über die Wahlreform beginnen. Ein konkreter Zeitrahmen dafür wurde nicht genannt.
Es war die erste öffentliche Äußerung zu den seit einer Woche andauernden Studentendemonstrationen für freie Wahlen. Zuvor hatte sich die Demokratiebewegung Occupy Central den Studenten angeschlossen und angekündigt, ihre für Mitte der Woche geplante Blockade des Finanzbezirks in der asiatischen Wirtschaftsmetropole auf diesen Sonntag vorzuziehen. Tausende Demonstranten versammelten sich daraufhin vor Regierungsgebäuden. Hunderte Polizisten riegelten die Umgebung mit Straßensperren ab.
Größter Protest seit Rückgabe an China
Eine unabhängige Schätzung der Menschenmenge lag zunächst nicht vor. Die Organisatoren sprachen von 80.000 Demonstranten. Zumindest dürfte es der größte Protest dieser Art sein, seitdem die ehemalige britische Kronkolonie 1997 zur chinesischen Sonderverwaltungszone wurde.
Am Samstag war es zu den bislang schwersten Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei bei der Protestwelle gekommen. Dabei setzte die Polizei Pfefferspray ein. Die Demonstranten protestieren gegen einen Beschluss der kommunistischen Führung Chinas, bei der Wahl des Leiters Chefs der Sonderverwaltungszone im Jahr 2017 nur vorab ausgewählte Kandidaten zuzulassen. Damit ist eine Kandidatur von Regierungskritikern praktisch unmöglich.
Schwimmbrillen gegen Pfefferspray
Bei einer Demonstration am Freitag waren 74 Studenten festgenommen sowie 29 Demonstranten und Polizisten verletzt worden. Es waren die ersten schweren Zwischenfälle seit Beginn der jüngsten Protestwelle. Unter den Festgenommenen waren die drei Studentenführer Joshua Wong, Alex Chow und Lester Shum. Dem 17 Jahre alten Wong wurden Tätlichkeiten gegen Polizisten vorgeworfen. Aus Ärger über die Festnahmen hatten am Samstag abermals Zehntausende spontan vor dem Regierungssitz demonstriert.
Ursprünglich sollte die Besetzung des Central genannten Finanzbezirks erst am kommenden Mittwoch mit ersten Aktionen wie einem „Bankett“ zum Nationalfeiertag beginnen, wurde aber angesichts der Studentenproteste vorgezogen. Die Occupy-Central-Bewegung, die vor eineinhalb Jahren begonnen hatte, organisierte ihre Aktionen bislang unabhängig von den Studenten.
„Eine neue Ära des zivilen Ungehorsams hat begonnen“, sagte Occupy-Führer Tai und erklärte, warum die Kampagne früher als geplant beginnen werde. „Wir mussten einfach auf sehr leidenschaftliche Bürger reagieren.“ Am Samstag hatte die Bewegung noch an ihrem Zeitplan festhalten wollen. Langjährige Oppositionspolitiker wie Martin Lee oder Audrey Eu und selbst Hongkongs Kardinal Joseph Zen traten in der Nacht vor den Demonstranten auf, um ihre Unterstützung für die Bewegung zu zeigen.