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Gewalt in Russland : „Die Schläger haben Carte blanche“

Frauenrechtlerin und Politikerin Aljona Popowa sagt, dass prügelnde Männer in Russland nichts zu befürchten haben. Bild: Picture Alliance

Aljona Popowa kämpft seit Jahren gegen häusliche Gewalt. Im Interview erklärt sie, warum prügelnde Männer in Russland nichts zu befürchten haben und wie sich der Krieg in der Ukraine auf die Gesellschaft auswirkt.

          7 Min.

          Aljona Popowa, Sie kämpfen seit Jahren gegen häusliche Gewalt in Russland. Sehen Sie eine Verbindung zum Ukrainekrieg?

          Friedrich Schmidt
          Politischer Korrespondent für Russland und die GUS in Moskau.

          Eine direkte. Unsere Staatsmacht verhält sich wie ein Schläger in seiner Familie. Dieser kollektive Schläger hält das ganze Land für sein Haus, in dem er die Macht hat, über alle zu verfügen. Er hat alle Richter und Polizisten in der Tasche. Be­hauptet genau wie bei häuslicher Gewalt, die Opfer hätten sich selbst wehgetan, verletzt, getötet. „Wenn du gehst, verrätst du die Familie“, sagt der Peiniger zu seinem Opfer. Entsprechend nennt die Staatsmacht Russen, die ausreisen oder nicht mit ihr einverstanden sind, Verräter oder „ausländische Agenten“. Diese Ge­walt greift auf andere Länder über: Der kollektive Schläger sieht die Ukraine als „Familie“ an, spricht von „Brudervolk“, hat entschieden, dass er machen kann, was er will, ohne zu fragen. Gewalt ist die Klammer des Systems. Das zeigt sich daran, dass unsere Staatsmacht kein Gesetz erlässt, das die Rechte von Opfern häuslicher Gewalt schützt. Denn anzuerkennen, dass häusliche Gewalt schlecht ist, würde bedeuten, zuzugeben, dass an­dere Arten der Gewalt auch schlecht sind.

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