Insgesamt 413 Milliarden Euro : Frankreich will Verteidigungsausgaben um 30 Prozent erhöhen
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Ein französischer Leclerc-Kampfpanzer während einer NATO-Übung in Rumänien Bild: dpa
Der französische Verteidigungsminister legt einen Rekord-Haushalt vor. Die Streitkräfte sollen umgebaut werden. Mehr Geld ist für den „Informationskampf“ vorgesehen.
Der französische Präsident Emmanuel Macron musste keine „Zeitenwende“ verkünden wie Bundeskanzler Olaf Scholz. Dennoch zeigt der Verteidigungshaushalt, den Verteidigungsminister Sébastien Lecornu am Montagnachmittag in der Nationalversammlung vorstellen will, dass auch in Frankreich die Friedensdividende Geschichte ist. Mit der geplanten Erhöhung der Verteidigungsausgaben um 30 Prozent trägt Macron als Chef der Streitkräfte dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine Rechnung. Die auf sieben Jahre angelegte Verteidigungsplanung sieht Gesamtausgaben von 413 Milliarden Euro vor. In der Armee wird bereits über einen Rekord-Haushalt gejubelt.
Im Verteidigungsausschuss wurde der Entwurf ohne Gegenstimmen angenommen. Eine Mehrheit scheint auch in der Nationalversammlung sicher, da die Republikaner (LR) die Erhöhung unterstützen beziehungsweise sogar noch mehr ausgeben wollten. Einige zögern deshalb noch, sich der Stimme zu enthalten, was aber die Mehrheit für die Minderheitsregierung nicht gefährden würde. Nur auf der Linken wird Kritik an den Gesamtausgaben für die Verteidigung laut.
Als Macron 2017 in den Elysée-Palast einzog, beliefen sich die Verteidigungsausgaben auf 32 Milliarden Euro jährlich. Dieses Jahr betragen sie 44 Milliarden, bis 2030 sollen sie auf 69 Milliarden Euro steigen. Der Verteidigungshaushalt wird sich in der Ära Macron also mehr als verdoppelt haben. Der Präsident hat die Haushaltsverpflichtungen bislang immer auf den Euro genau eingehalten. Im vergangenen Juni verkündete er zudem, Frankreich sei in eine „Kriegswirtschaft“ eingetreten. Die Rüstungsindustrie ist angehalten, mehr und vor allem schneller zu produzieren. Verteidigungsminister Sébastien Lecornu sagte kürzlich, dass man mehr Lieferaufträge für Munition sowie Mörsergranaten und Luftabwehrraketen erteilt habe.
Keine Umstellung auf eine Berufsarmee geplant
Im Februar hatte ein Parlamentsbericht Frankreich aufgeschreckt, wonach die Munitionsreserven der französischen Truppen bei einem größeren Konflikt innerhalb weniger Wochen aufgebraucht wären. In der Zeitschrift „Internationale Politik“ bestätigte der Verteidigungsminister indirekt, dass Ausgaben, militärischer Führungsanspruch und Kapazitäten auseinanderklaffen: „Wir haben in Frankreich die Fähigkeit, mit einem Ticket der Ecoklasse in ein Flugzeug zu steigen, um dann aufgefordert zu werden, sich in der Businessklasse niederzulassen und sogar ins Cockpit zu gehen, um den Platz des Piloten einzunehmen.“
Das sogenannte Militärprogrammgesetz 2024–2030 soll es Frankreich gestatten, den Transformationsprozess voranzutreiben. „Nachdem wir unsere Streitkräfte repariert haben, werden wir sie umgestalten“, kündigte Macron an. Ein radikaler Wandel wie die Umstellung auf eine Berufsarmee 1996 ist aber nicht geplant. Militärfachleute kritisieren, dass sich Frankreich mit Blick auf den Konflikt in der Ukraine nicht stärker auf die Landesverteidigung konzentriere und etwa in Panzer investiere. Doch in Paris verweist man darauf, dass Frankreich nicht an vorderster Front gegen Russland stehe, NATO-Verbündeter und zudem Atommacht sei. Die Landstreitkräfte sollen deshalb konstant bei 77.000 Mann gehalten werden. Mehr Mittel sind hingegen für den „Informationskampf“ im Cyberbereich vorgesehen.
Einen Gegenentwurf zum „Aufrüstungshaushalt“ haben Abgeordnete der Linkspartei LFI vorgestellt. Sie fordern den Austritt aus dem integrierten NATO-Kommando, ein Ende der industriellen Partnerschaften mit Deutschland sowie die Bekräftigung Frankreichs als unabhängige Macht. Die Abstimmung über den Verteidigungshaushalt soll am 6. Juni stattfinden. Zur Militärparade am Nationalfeiertag des 14. Julis soll das ehrgeizige Gesetz verkündet sein.