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Vor Misstrauensvotum in Paris : 17 Republikaner könnten Borne stürzen

Die französische Premierministerin Elisabeth Borne am Samstag in Paris Bild: AFP

Auch wenn die Führung der oppositionellen Republikaner die Premierministerin im Amt halten will, könnte es knapp werden. Sollte Élisabeth Borne die Abstimmung überstehen, ist auch die Rentenreform verabschiedet.

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          Die französische Premierministerin Élisabeth Borne kämpft um ihr Amt. Nach zehn Monaten an der Regierungsspitze muss sie sich am Montag um 16 Uhr zwei Misstrauensanträgen stellen. Es könnte knapp werden, sollte der kürzlich geschasste Parteivize der rechtsbürgerlichen Republikaner, Aurélien Pradié, kurz entschlossene Anhänger finden. Der 36 Jahre alte Pradié hat am Montag angekündigt, dem parteiübergreifenden Misstrauensantrag zustimmen zu wollen. Damit begehrt er gegen Parteichef Éric Ciotti auf, der sagte, seine Fraktion werde keinen Misstrauensantrag einreichen und auch nicht unterstützen. Ein Dutzend Republikaner hat bereits gesagt, sie wollten für den Misstrauensantrag stimmen.

          Michaela Wiegel
          Politische Korrespondentin mit Sitz in Paris.

          17 Stimmen der Republikaner würden reichen, um die Regierung zu stürzen – sollten die rechtspopulistische Partei Rassemblement National und die Parteien des Linksbündnisses Nupes geschlossen für den parteiübergreifenden Misstrauensantrag stimmen, der auf die Initiative des Liberalen Charles de Courson zurückgeht. Ein solches Szenario hat es bislang erst einmal, im Jahr 1962, gegeben. 1992 überstand die sozialistische Regierung die Vertrauensabstimmung nur hauchdünn, mit drei Stimmen.

          Verärgerung bis in das Regierungslager hinein

          Die Hürde liegt derzeit bei 287 Stimmen. 67 Prozent der Franzosen sind laut einer jüngsten Umfrage des Instituts Ifop unzufrieden mit der Regierungschefin. Und 68 Prozent geben an, dass sie sich wünschen, dass Borne die Vertrauensabstimmung verliert und gehen muss. Grund für den Vertrauensverlust ist die Art und Weise, wie die Regierungschefin die Rentenreform durchgezogen hat. Sie verweigerte den Sozialpartnern seit Jahresbeginn das Gespräch und hat im Parlament schließlich auf eine abschließende Abstimmung verzichtet, aus Angst vor einer Niederlage.

          Der Präsident des Arbeitsgeberverbandes Medef, Geoffroy Roux de Bézieux, sagte im Radiosender Europe 1, er sei „konsterniert“ über das Vorgehen. Eine Rentenreform sei zwar schmerzhaft, aber unerlässlich. Bis in die Reihen der Regierungsmehrheit um die Partei Renaissance regt sich Unmut. Der Abgeordnete Richard Ramos von der Bündnispartei Modem forderte einen Regierungswechsel: „Wir brauchen eine Regierung, die die Karten neu mischt, mit Ministern, die in der Lage sind, den Franzosen zuzuhören, und nicht diese arrogante Bande, die den Franzosen erklärt, warum sie dumm sind.“

          Übersteht die Regierung hingegen die Misstrauensvoten, ist die umstrittene Rentenreform endgültig verabschiedet. Sie muss dann noch von Präsident Emmanuel Macron per Unterschrift in Kraft gesetzt werden. Die Opposition hat für diesen Fall bereits Verfassungsklagen angekündigt. Die Proteste gehen weiter. Am Montagmorgen blockierten Demonstranten vorübergehend den Verkehr in der Nähe der bretonischen Großstadt Rennes und an anderen Orten. Der Streik in den Raffinerien und bei der Müllabfuhr hält an. Am Dienstag und Mittwoch sollen ein Fünftel der Flüge an den Flughäfen Paris-Orly und Marseille Provence ausfallen. Auch der Bahnverkehr ist weiter beeinträchtigt. Für Donnerstag ist ein weiterer Protesttag mit Streiks und Demonstrationen geplant.

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