Frankreich : Schnellkurs für Hollande
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Merkel sagte, es sei ein Kennenlerntreffen gewesen Bild: AFP
Frankreichs neuer Präsident Hollande wird in den nächsten Tagen mit den Problemen der Welt konfrontiert sein. Mit der Bundesregierung muss er einen Kompromiss zum Fiskalpakt finden. Ein Machtkampf zwischen Berlin und Paris könnte die Eurozone existenziell gefährden.
Als Giscard d’Estaing, der andere Präsident, der an seiner Wiederwahl gescheitert war, 1981 zu Fuß den Elysée-Palast verließ, wurde er von den Neugierigen auf der Rue du Faubourg Saint-Honoré ausgebuht. Für Nicolas Sarkozy gab es Beifall - die republikanische Würde wurde beim Zeremoniell der Machtübergabe und bei der Amtseinführung des neuen Präsidenten durchweg gewahrt. Viel Zeit, den Moment zu genießen, blieb François Hollande nicht: Den Abend wollte er in Berlin mit Bundeskanzlerin Merkel verbringen, die nächsten Tage wird er in Amerika mit Fragen der Weltwirtschaft und der Militärstrategie konfrontiert werden - ein Schnellkurs über die Probleme der Welt für einen Politiker, der noch nie ein Regierungsamt innehatte.
Eine wichtige innenpolitische Entscheidung hat der neue Präsident schon gefällt. Premierminister wird Jean-Marc Ayrault, der langjährige Fraktionschef der Sozialisten in der Nationalversammlung. Auch im fehlt Regierungserfahrung; aber die intime Kenntnis des parlamentarischen Betriebs macht den „Ersten Minister“, der im Gegensatz zum Staatsoberhaupt von der Zustimmung der Nationalversammlung abhängig ist, zum Verbindungsmann des Präsidenten in die Reihen jener Abgeordneten, die im Juni gewählt werden. Für das deutsch-französische Verhältnis ist die Ernennung des ehemaligen Deutschlehrers Ayrault, der wie Hollande dem sozialdemokratischen Flügel der Partei zugerechnet wird, ein gutes Omen. Der Chef der CDU/CSU-Fraktion Kauder kann sich freuen: In Paris spricht man nun deutsch.
Ob das auch in der Sache weiterhilft, wird man bald sehen. Der europäische Fiskalpakt wird von der französischen Linken immer noch als „Diktat Merkels“ angesehen. Vielleicht lesen nun einige Politiker in Paris diese Vereinbarung. Sie werden merken, dass dies kein teuflisches Marterwerkzeug ist, sondern eine Bekräftigung des ursprünglichen Stabilitätspaktes. Inzwischen haben die deutschen Sozialdemokraten, deren Stimmen zur Ratifizierung im Bundestag nötig sind, Hollande Schützenhilfe für seine Forderung nach einem zusätzlichen Wachstumspakt gegeben. Alle zusammen werden einen Kompromiss schon deshalb finden müssen, weil sie wissen, dass ein Tauziehen zwischen Berlin und Paris die Eurozone an den Rand des Abgrunds bringen würde.