Proteste in Frankreich : „Die Faulenzer sind raus“
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Demonstranten in Lille: An mehreren Orten in Frankreich gingen Menschen gegen die geplanten Reformen auf die Straße. Bild: AFP
Die Proteste der Franzosen gegen die bevorstehende Arbeitsrechtsreform von Emmanuel Macron dauern an. Die scharfzüngige Kritik des Präsidenten an seinen Gegnern wurde zum Bumerang.
Das Schlagwort für den Protest gegen die Arbeitsrechtsreform hatte Emmanuel Macron den Demonstranten selbst gegeben. „Die Faulenzer sind auf der Straße“ stand auf den Plakaten, welche die Gegner des Reformprojekts am Dienstag mit sich führten. Der französische Präsident hatte zuvor bekundet, er werde vor „Faulenzern, Zynikern und Extremen“ nicht zurückweichen und sein Reformprojekt nicht zurückziehen. „Macron, mit dir ist es aus, die Faulenzer sind raus“ stand auf einem der Spruchbänder.
Doch die Wut, die Macrons Reformprojekt entgegengebracht wurde, wirkte bereits resigniert. Die Verordnungen, mit denen der Kündigungsschutz gelockert und den Unternehmen mehr Entscheidungsmöglichkeiten eingeräumt werden, sollen noch vor dem Monatsende erlassen werden. Arbeitsministerin Muriel Pénicaud äußerte am Dienstag die Hoffnung, dass „das Land reif ist, eine französische Variante des aus Skandinavien bekannten Modells der Flexibilität-Sicherheit zu erfinden“. Der Chef der Gewerkschaft CGT, Philippe Martinez, sieht das anders. „Die Reform kommt einem Ermächtigungsgesetz für die Arbeitgeber gleich“, kritisierte er. Martinez führte den Demonstrationszug in Paris an, der von der Place de la Bastille zur Place de l’Italie marschierte. Die Vorsitzenden der Gewerkschaften CFDT und FO hatten sich geweigert, sich dem Demonstrationsaufruf Martinez’ anzuschließen.
Auch in anderen Städten wie in Marseille, Lille, Rennes oder Caen protestierten Tausende Demonstranten gegen die geplante Arbeitsmarktreform. In Marseille führte der linke Wortführer der Partei „Unbeugsames Frankreich“, Jean-Luc Mélenchon, den Demonstrationszug an. Mélenchon plant am 23. September einen neuen Aktionstag gegen die Reform. Die Regierung blieb gelassen. Es kam kaum zu Behinderungen im öffentlichen Leben. Die größten Staus verursachten aufgebrachte Schausteller, die in Paris und anderen Städten zentrale Verkehrswege blockierten. Die Schausteller wehren sich gegen eine neue Regelung, wonach Kommunen Volksfeste ausschreiben müssen. Diese Regelung hat indessen nichts mit der Arbeitsmarktreform zu tun.
Die französische Bahngesellschaft SNCF teilte mit, es sei zu Behinderungen bei den Regionalbahnen gekommen. Der nationale und internationale Fernverkehr mit TGV-, Thalys- und Eurostar-Zügen laufe hingegen normal. Präsident Macron sagt, er wolle trotz der Proteste nichts an seinem ehrgeizigen Reformkalender ändern. Nach der Flexibilisierung des Arbeitsrechts stehen Strukturreformen im sozialen Wohnungsbau, bei der Staatsbahn SNCF, bei der Arbeitslosenversicherung, der beruflichen Weiterbildung und im Rentensystem an.