Flüchtlingspolitik : Australien setzt Abschreckung fort
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Protest gegen die Überstellung von Bootsmigranten in Aufnahmelager außerhalb Australiens im Januar 2022 in Brisbane Bild: Picture Alliance
Australiens neue Regierung will auch weiterhin Bootsmigranten in ein Lager in dem Inselstaat Nauru bringen. Das lässt sich Canberra auch einiges kosten.
Australien wird nach einer Entscheidung der Abgeordneten unterschiedlicher Parteien weiter Bootsmigranten auf Nauru unterbringen können. Das Parlament in Canberra billigte am Dienstag die Vorlage der Regierung, wonach im Zuge der australischen Abschreckungspolitik weiter über den Seeweg eintreffende Asylsuchende, die eigentlich nach Australien wollten, stattdessen in ein Lager in dem pazifischen Inselstaat gebracht werden können. Damit hält die Labor-Regierung, die im Mai des vergangenen Jahres an die Macht gekommen war, an einem wichtigen Baustein der Flüchtlingspolitik ihrer Vorgängerregierungen fest. Labor sei stark bei der Sicherung der Grenzen, ohne bei der Menschlichkeit Schwächen zu zeigen, sagte die Innenministerin Clare O’Neil.
In dem pazifischen Inselstaat Nauru leben der Presse zufolge die rund 70 Flüchtlinge, deren Ziel eigentlich Australien war, mittlerweile außerhalb des Lagers. Der Regierung zufolge könnten sie bald in Drittländer umgesiedelt werden. Ein Asyl in Australien wird im Sinne der Abschreckungspolitik ausgeschlossen. Canberra will das Lager aber für mögliche zukünftige Neuankömmlinge in Betrieb halten. Wie bekannt wurde, zahlt Australien für den Betrieb des Lagers in den kommenden drei Jahren 421 Millionen Australische Dollar an ein Unternehmen (270 Millionen Euro). Die Firma ist der Zeitung „The Guardian“ zufolge ein lokaler Ableger eines amerikanischen Gefängnisbetreibers. „Unsere Flüchtlingspolitik ist nicht nur grausam, sondern auch teuer“, kritisierte der unabhängige Senator David Pocock.
Die Entscheidung für die Verlängerung war von der konservativen Opposition mitgetragen worden. Die Grünen sowie einige unabhängige Abgeordnete hatten jedoch gefordert, das System sofort zu beenden und die Bootsmigranten nach Australien zu holen. Zudem forderten sie, eine Kommission mit der Untersuchung der Flüchtlingspolitik zu beauftragen. Seit der Einführung des sogenannten Offshore Processing hatten die australischen Behörden mehr als 4000 Flüchtlinge in Lager auf Nauru und dem Inselstaat Papua-Neuguinea gebracht. Manche haben dort bis zu zehn Jahren verbracht. Hunderte Flüchtlinge wurden mittlerweile in Drittländer wie die USA, Neuseeland, Kambodscha und Papua-Neuguinea umgesiedelt.
Der aus Iran stammende bekannte frühere Bootsmigrant und Autor Behrouz Boochani hatte am Dienstag das Parlament in Canberra besucht. Er hatte sechs Jahre in einem Lager in Papua-Neuguinea gelebt. Im Jahr 2020 war er in Neuseeland als Flüchtling anerkannt worden. Es sei „surreal“, nun Australien zu besuchen, nachdem ihm gesagt worden sei, dass er als Bootsmigrant niemals die Chance dazu bekommen würde. Der Labor-Regierung warf er vor, nichts an der harten Politik geändert zu haben. „Auch eine Dekade später setzt sich die Tragödie fort“, sagte Boochani.