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Flüchtlingslager in Libyen : Diplomaten warnen vor „KZ-ähnlichen Verhältnissen“

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Migranten auf einem Boot vor der libyschen Küste Bild: AFP

Schlepper erschießen, foltern und vergewaltigen laut einem Bericht der deutschen Botschaft Flüchtlinge in Libyen. Handy-Videos belegen angeblich die schweren Vorwürfe.

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          Deutsche Diplomaten in Afrika prangern in einem internen Lagebericht schwere Menschenrechtsverletzungen in Flüchtlingslagern an, wo Schlepper ausreisewillige Migranten gefangen halten. „Exekutionen nicht zahlungsfähiger Migranten, Folter, Vergewaltigungen, Erpressungen sowie Aussetzungen in der Wüste sind dort an der Tagesordnung“, zitiert die „Welt am Sonntag“ aus einer diplomatischen Korrespondenz der deutschen Botschaft in Nigers Hauptstadt Niamey, auch Drahtbericht genannt, an das Bundeskanzleramt und mehrere Ministerien.

          Die Rede ist von „allerschwersten, systematischen Menschenrechtsverletzungen“. Wörtlich heißt es demnach: „Authentische Handy-Fotos und -videos belegen die KZ-ähnlichen Verhältnisse in den sogenannten Privatgefängnissen.“ Augenzeugen sprachen laut dem Botschaftsbericht von exakt fünf Erschießungen wöchentlich in einem Gefängnis – mit Ankündigung und jeweils freitags, um Raum für Neuankömmlinge zu schaffen. Mehr als 180.000 Menschen kamen im vergangenen Jahr von Nordafrika nach Italien; beinahe 90 Prozent brachen von Libyen aus übers Mittelmeer nach Europa auf.

          Grüne warnen vor Rückführung nach Libyen

          Die Fraktionschefin der Grünen im EU-Parlament, Ska Keller, warnte eindringlich vor einem Abkommen mit Libyen zur Rücknahme von Migranten. Menschen würden „in eine katastrophale und menschenunwürdige Lage zurückgeschickt“, sagte sie dem Blatt. Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen am Freitag in Malta darüber beraten, wie sich der Flüchtlingszustrom aus Libyen und anderen nordafrikanischen Staaten eindämmen lässt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Samstag in ihrem Podcast gesagt, ein Abkommen mit Libyen könne man erst ins Auge fassen, „wenn sich die politische Situation in Libyen verbessert hat“.

          Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte der „Welt am Sonntag“: „In der jetzigen Lage ist es so, dass die Schlepper entscheiden, wer nach Europa kommt – das muss beendet werden, denn das Geschäftsmodell der Schlepper ist so einfach wie grausam: Flüchtlinge erkaufen sich für viel Geld einen Platz in einem kaum seefähigen Boot.“ Es gebe in der UN-Flüchtlingskonvention einen Anspruch von Schutzsuchenden gegenüber der Völkergemeinschaft, sagte der Minister. „Aber es gibt darin keinen Anspruch, hinzugehen, wo man will.“ De Maizière wirbt bereits seit längerem für Flüchtlingslager etwa in Nordafrika.

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