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F.A.S. exklusiv : Berlin warnt vor nuklearem Wettrüsten

Im Juni 2018 trafen sich Russlands Präsident Putin und der amerikanische Sicherheitsberater John Bolton noch im Kreml, um das Verhältnis der beiden Ländern zu verbessern. Bild: dpa

Die amerikanische Regierung will einen wichtigen Abrüstungsvertrag kündigen. Außenpolitiker aus Union und SPD schlagen Alarm. Das Auswärtige Amt fordert: Der INF-Vertrag muss bleiben.

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          Außenpolitiker von Union und SPD sind in Sorge über den von den Amerikanern angekündigten Ausstieg aus dem Vertrag zur Abschaffung nuklearer Mittelstreckenwaffen. Am Samstag hatte Präsident Donald Trump entsprechende Berichte der „Washington Post“, der „New York Times“ und des britischen „Guardian“ bestätigt, dass sich sein Land wegen vermuteter russischer Verstöße aus dem INF-Vertrag zurückzuziehen werde. Das Auswärtige Amt ist dagegen der Ansicht, das Abkommen müsse bleiben.

          Konrad Schuller
          Politischer Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

          Ein Sprecher von Bundesaußenminister Heiko Maas sagte gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: „Der INF-Vertrag, der den Vertragsparteien Besitz und Erprobung landgestützter Mittelstreckenraketen verbietet, ist seit 30 Jahren eine wichtige Säule der europäischen Sicherheitsarchitektur. Gerade für uns in Europa ist dieser Vertrag von besonderer Bedeutung.“ Roderich Kiesewetter, der Obmann der Union im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, betonte: „Der Vertrag muss unbedingt erhalten bleiben, um einen nuklearen Wettlauf in Europa zu verhindern.“

          Durch den INF-Vertrag hatten der amerikanische Präsident Ronald Reagan und der sowjetische Generalsekretär Michail Gorbatschow 1987 ein atomares Kräftemessen beendet, das die Welt fast ein Jahrzehnt lang in Atem gehalten hatte. Sie vereinbarten, alle bodengestützten Mittelstreckenwaffen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern zu verschrotten – vor allem sowjetische SS-20 und amerikanische Pershing II, die meist in Deutschland stationiert waren.

          Die Vereinigten Staaten drohen Moskau nun damit, den Vertrag zu kündigen. Sie reagieren damit auf neue Waffen, mit denen Russland nach Überzeugung der Nato seit einiger Zeit das Abkommen verletzt. Der amerikanische Rüstungsexperte Daryl Kimball sagte am Freitag, vier seiner Quellen im amerikanischen Kongress und in der Regierung hätten ihm berichtet, dass der Sicherheitsberater des amerikanischen Präsidenten, John Bolton, entschlossen sei, das INF-Abkommen zu kündigen. Bolton ist auf dem Weg nach Russland, um den russischen Präsidenten Wladimir Putin in der kommenden Woche in Moskau über die amerikanischen Absichten zu informieren. Es gebe aber noch keine formelle Entscheidung der Amerikaner, heißt es.

          Die 29 Nato-Mitgliedstaaten sind sich darüber einig, dass Russland den INF-Vertrag seit Jahren verletzt, indem es einen Marschflugkörper in Stellung bringt, den die Nato SSC-8 nennt, Russland aber 9M729. Über diese Waffe ist vieles unklar, da Russland keine Inspektionen zulässt. Die Staats- und Regierungschefs der Nato sind bei ihrem letzten Treffen im Juli aufgrund interner Informationen aber einhellig zu der Folgerung gelangt, dieses System gebe zu „ernsten Sorgen“ Anlass. Russland habe seine Existenz zwar zugegeben, aber keine Transparenz geschaffen. „Die plausibelste Einschätzung wäre, dass Russland den (INF-)Vertrag verletzt“, hieß es deshalb im Schlusskommuniqué des Gipfels.

          Russland beschuldigt die Vereinigten Staaten seinerseits, den Vertrag durch die Stationierung von Abschusseinrichtungen des Typs MK41 in Rumänien zu verletzen. Die Nato und die Vereinigten Staaten versichern jedoch, die Geschosse dieser Anlagen seien keine Angriffswaffen. Sie seien allein dazu bestimmt, iranische Raketen abzufangen. Kimball und Kiesewetter sagen deshalb, Amerika solle den Russen die Inspektion der rumänischen Anlagen erlauben, um sie so zu „Transparenz“ zu nötigen.

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