Anschlag mit sechs Toten : Mutmaßliche Attentäterin von Istanbul festgenommen
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Türkische Polizisten transportieren am 13. November 2022 die Leiche einer nicht identifizierten Person nach einer Explosion in der belebten Fußgängerzone Istiklal in Istanbul, Türkei. Bild: RUETERS
Bei einer Explosion im Stadtzentrum wurden sechs Menschen getötet und mehr als 80 verletzt. Die Regierung in Ankara macht militante Kurden aus Nordsyrien für den Anschlag verantwortlich. Die bestreiten eine Beteiligung.
Die türkische Regierung macht militante Kurden aus Syrien für den Bombenanschlag in Istanbul verantwortlich. Der Befehl für den Anschlag sei aus der nordsyrischen Stadt Kobani gekommen, sagte Innenminister Süleyman Soylu am Montag. Dort sind die türkischen Streitkräfte in den vergangenen Jahren mehrfach gegen die syrisch-kurdische Miliz YPG vorgegangen, die von der Regierung in Ankara als Terrororganisation und Ableger der verbotenen kurdischen PKK angesehen wird.
Die PKK und die syrischen Kurden haben jegliche Verantwortung für den tödlichen Anschlag von Istanbul zurückgewiesen. „Unser Volk und die demokratische Öffentlichkeit wissen genau, dass wir nichts mit diesem Vorfall zu tun haben, dass wir nicht direkt auf Zivilisten zielen und dass wir Aktionen nicht akzeptieren, die auf Zivilisten abzielen“, schrieb die in der Türkei Organisation in einer von der Nachrichtenagentur Firat am Montag veröffentlichten Erklärung. Firat steht der PKK nahe.
Die Person, die mutmaßlich die Bombe in der Istanbuler Einkaufsstraße Istiklal gelegt haben soll, sei zudem durch die nordsyrische Region Afrin gereist, sagte Soylu. Diese Person sei festgenommen worden. Daneben seien etwa 21 weitere Verdächtige festgenommen worden.
Die türkische Regierung hatte zuvor von einer verdächtigen Frau gesprochen. Auf Videos sei zu sehen, dass die Frau etwa 40 Minuten lang auf einer Bank auf der Einkaufsstraße gesessen habe und kurz vor der Detonation aufstand, wurde Justizminister Bekir Bozdag zitiert.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte kurz nach der Explosion von einem „niederträchtigen Anschlag“ gesprochen; die Verantwortlichen würden „demaskiert“ werden. Versuche von „Terrorismus“ gegen das türkische Volk seien zum Scheitern verurteilt.
Die Explosion ereignete sich am Sonntagnachmittag um 16.20 Uhr Ortszeit. Zu diesem Zeitpunkt war die Fußgängerzone besonders gut besucht. Die Straße ist ein touristischer Hotspot im Zentrum des europäischen Teils der türkischen Metropole, auf der auch sonntags häufig großes Gedränge herrscht. Unter den Toten seien auch ein Ministeriumsmitarbeiter und seine Tochter, schrieb Familienministerin Derya Yanik am Abend auf Twitter.
Auf Aufnahmen in den Onlinenetzwerken ist ein mächtiger Knall zu hören, danach folgen Flammen. Die Explosion war noch in anliegenden Vierteln zu hören. Die Bilder zeigen zudem einen großen, schwarzen Krater sowie mehrere auf dem Boden liegende Menschen. Die Explosion löste Panik unter den Besuchern der Einkaufsstraße aus. Das Gebiet wurde umgehend evakuiert. Menschen in der Stadt wurden dazu aufgerufen, die Gegend zu meiden. Auch umliegende Straßen sollten von Verkehr frei gehalten werden.
Berichte zunächst unterbunden
In türkischen Medien wurde kurz nach dem Unglück vorerst nicht über die Explosion berichtet. Die türkische Rundfunkbehörde RTÜK verhängte eine vorläufige Nachrichtensperre für Medien. Berichte über die Explosion sollten vermieden werden, um nicht für Angst und Panik in der Bevölkerung zu sorgen, hieß es in dem Schreiben am Nachmittag. Die Sender CNN Türk und TRT etwa unterbrachen daraufhin ihre Berichte über die Explosion auf der beliebten Einkaufsmeile. Nur Interviews mit Ministern wurden noch ausgestrahlt. Auch Plattformen wie Twitter und Co. waren für viele Nutzer nur schwer erreichbar. Die Behörde für Informationstechnologie und Kommunikation (BTK) hatte Berichten zufolge die Bandbreite für Social-Media-Plattformen reduziert. Der Anwalt Kerem Altiparmak twitterte dazu: „Die ganze Welt spricht über die Bombe, die in der Türkei explodiert ist, außer der Türkei.“