Europarat verhandelt über Ukraine-Krise : Lawrow: Westen handelt wie im Kalten Krieg
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Der russische Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag in Wien Bild: REUTERS
Beim Treffen der Außenminister des Europarats bezichtigt der Brite William Hague Russland, die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine zu stören. Der Russe Lawrow vermisst eine Verurteilung der Tragödie von Odessa. Der Westen heiße „illegale Handlungen“ gut.
Vor Beginn des Ministerkomitees des Europarats am Dienstag in Wien hatte der ukrainische Außenminister Andrej Deschtschiza die Erwartung geäußert, ein starkes Signal der Unterstützung für die geplanten Präsidentschaftswahl am 25. Mai zu erhalten. Dafür sprach sich auch der britische Außenminister William Hague aus. Die Ukraine habe jedes Recht darauf, freie und ungestörte Wahlen abzuhalten, sagte Hague in der Wiener Hofburg.
Dort trafen die Vertreter der 47 Mitglieder des Europarats zusammen, darunter 30 Außenminister. Diese ungewöhnlich ranghohe Besetzung des Treffens, das sonst eher routinemäßig am Sitz des Europarats in Straßburg abgehalten wird, ist auf die Ukraine-Krise zurückzuführen, zu der es mehrere Beschlussentwürfe gibt; ob einer davon zur Abstimmung kommt, blieb aber ungewiss.
„Illegale Handlungen“
Der russische Außenminister Sergej Lawrow kritisierte in der Sitzung nach Angaben von Teilnehmer ein „neues Blockdenken in Europa“, das an den kalten Krieg erinnere. Er sei alarmiert über die Entwicklung einer „monopolaren Welt“. Der Westen heiße „illegale Handlungen“ in der Ukraine gut. Er vermisse eine Verurteilung der „Tragödie von Odessa“, wo „neonazistische Kräfte Seite an Seite mit den ukrainischen Streitkräften“ die eigene Bevölkerung bekämpften. Die Armee müsse neutral bleiben. An der Regierung in Kiew sei die rechtsextreme Partei Swoboda beteiligt, die von Brüssel und Washington unterstützt werde.
Europarat : Ringen um Zukunft der Ukraine geht weiter
Österreich hat derzeit den alternierenden Vorsitz des Europarats inne, der vor 65 Jahren als erster politischer Zusammenschluss in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet worden war. Ihm gehören – bis auf den Vatikanstaat und das nicht von allen Mitgliedern anerkannten Kosovo – alle Staaten des europäischen Kontinents an, also auch Russland und die Ukraine.
Die Außenminister dieser beiden Länder, Sergej Lawrow und Deschtschiza, waren schon am Montag im Rahmen eines Abendessens kurz zusammengetroffen, ohne dass es zu einer längeren Aussprache gekommen sei, wie es in Wien hieß. Außenminister Frank-Walter Steinmeier wurde zunächst durch den Parlamentarischen Staatssekretär Michael Roth vertreten. Kurzfristig entschloss er sich aber am Dienstag, nach Wien zu fliegen, um mit Lawrow und Deschtschiza zu sprechen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts bestätigte die kurzfristig angesetzte Reise am Mittag in Berlin. Die Begegnungen mit dem russischen Außenminister sowie dem ukrainischen Ressortchef sollen getrennt voneinander am Nachmittag stattfinden.
Hague bezichtigte Russland, durch Aktivitäten in der Ukraine die geplanten Präsidentschaftswahlen stören zu wollen. Doch bleibe man offen für diplomatische Initiativen, um dem Genfer Abkommen zur Ukraine „neues Leben“ einzuhauchen. Lawrow sagte, er sehe noch eine Chance für das Genfer Abkommen. Die OSZE solle in Ukraine einen Dialog anführen, der die süd- und ostukrainischen Führer einschließe. Der Europarat könne ebenfalls hilfreich sein und auf die Einhaltung der Menschenrechte achten.
Eine neuerliche Konferenz unter Beteiligung von Russland und der Ukraine, wie sie von Steinmeier propagiert wird, sieht Lawrow skeptisch, wie er am Mittag in einer Pressekonferenz wissen ließ. In derselben Zusammensetzung wie in Genf würde das nur bedeuten, dass man im Kreise gehe, sagte der russische Außenminister. Anders wäre das nach seinen Worten, wenn die Vertreter der ukrainischen Opposition – gemeint waren die pro-russischen Kräfte im Süden und Osten des Landes – an dem Treffen teilnehmen würden.
In der Parlamentarischen Versammlung des Europarats war im April das Stimmrecht der acht russischen Abgeordneten per Mehrheitsbeschluss suspendiert worden. Im Ministerkomitee wurde ein derartiger Ausschluss Russlands aber nicht erwartet.
Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz bezeichnete die Sitzung in Wien als ein „deutliches Statement der meisten Mitgliedstaaten des Europarates für freie und faire Wahlen“ in der Ukraine. Deschtschiza hatte am Montagabend im österreichischen Fernsehen die Pläne von prorussischen Separatisten, im Osten und Süden der Ukraine zuvor ein Referendum über eine Abspaltung abzuhalten, als „illegal“ bezeichnet. Die Wahl vom 25. Mai werde das gültige Referendum über die Zukunft des Landes sein.