Ukraine-Krise : Merkel: Vorerst keine weiteren Sanktionen
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Zeichen der Unterstützung aus Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko am Samstag in Kiew Bild: dpa
Bei ihrem Besuch in Kiew hat Angela Merkel der Ukraine finanzielle Hilfen und diplomatische Unterstützung zugesagt. Von einer Verschärfung der Sanktionen gegen Russland hält sie trotz der jüngsten Eskalation derzeit nichts.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat trotz der abermaligen Eskalation des Ukraine-Konfliktes durch Russland eine Verschärfung der Sanktionen gegen Moskau vorerst abgelehnt. Erst einmal gelte es, die Gespräche von Minsk zu unterstützen, sagte sie am Samstag nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko in Kiew mit Blick auf dessen Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in der weißrussischen Hauptstadt.
Poroschenko sagte nach dem ersten Besuch Merkels in der Ukraine seit Beginn der Krise, es sei nun an der Zeit aufzuhören, über Krieg zu reden, und anzufangen, über Frieden zu reden. „Krieg ist nicht unsere Wahl, er wurde uns von außen aufgedrückt“, sagte er. Auch die Bewohner der umkämpften Städte Donezk und Luhansk wollten keinen Krieg, der sei ihnen durch Söldner gebracht worden. Merkel unterstützte Poroschenko darin, dass für Gespräche über eine friedliche Lösung zunächst ein „zweiseitiger Waffenstillstand“ nötig sei. Das Vorgehen der ukrainischen Armee in der Ostukraine sei „leider notwendig“, sagte die Kanzlerin, fügte aber an, eine militärische Lösung des Konfliktes gebe es nicht.
500 Millionen Euro für Energie und Wasser
Merkel kündigte eine deutsche Kreditgarantie über 500 Millionen Euro für die Energie- und Wasserversorgung für das Land an sowie 25 Millionen Euro Hilfe, mit denen winterfeste Unterkünfte für Flüchtlinge errichtet werden sollen. „Die territoriale Integrität und das Wohlergehen der Ukraine sind wesentliches Ziel der deutschen Politik“, sagte sie.
Mit Blick auf den Gipfel der von Russland angestrebten Zollunion mit Vertretern der Ukraine und der EU in Minsk sagte Poroschenko, sein Land und die EU würden hier „koordiniert handeln“. Er hoffe, dass ein positives Ergebnis erzielt werde. In Minsk soll unter anderem darüber über den Status der Ukraine als EU-Assoziierungsstaat und die Gasabkommen gesprochen werden. Es gelte „unnötige Friktionen“ mit Russland zu vermeiden, sagte Merkel. Sie verwies darauf, dass erstmals EU-Kommissare an einem Treffen der Zollunion teilnehmen würden. Diese Aufwertung des vom Kreml betriebenen Projektes soll als Entgegenkommen der EU verstanden werden.
Neue Provokation nach Erfolg der ukrainischen Armee
In der vergangenen Woche schien sich zunächst eine Annäherung zwischen den Konfliktparteien anzudeuten, als Putin und Poroschenko vereinbarten, sich diesem Dienstag in Minsk zu treffen. Doch mit der völkerrechtswidrigen Grenzüberquerung des russischen Konvois am Freitag sowie dem neuerlichen Einsickern von 1200 Soldaten samt Waffen in die Ostukraine betrieb der Kreml eine abermalige Eskalation.
Diplomaten bewerteten diese als Botschaft Moskaus: Wegen der militärischen Erfolge der ukrainischen Armee habe der Kreml deutlich machen wollen, dass es keine Lösung ohne Russland gebe. Merkel hält engen Kontakt zu Poroschenko seit dessen Wahl Ende Mai. Das Zeichen der Unterstützung, das die Reise der Kanzlerin am Vorabend des ukrainischen Unabhängigkeitstags, der zufällig auch der 75. Jahrestag der Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Paktes ist, richtet sich nach innen wie nach außen: Je mehr der Präsident durch den unausgerufenen Krieg Russlands in der Ostukraine unter Druck steht, umso stärker werden die Forderungen nationalistischer Gruppierungen in Kiew, die Poroschenko abzuwehren hat.
Merkel traf zudem mit Ministerpräsident Arsenej Jazenjuk sowie mit Vertreter kommunaler Gebietskörperschaften zusammen. Poroschenko erneuerte sein Angebot, die Ukraine zu dezentralisieren.